Ende eines Kunstkrimis Bern erwartet Werke aus Gurlitt-Sammlung

Bern (dpa) - Im Juni endlich werden die ersten Werke aus der millionenschweren Sammlung des umstrittenen Kunstsammlers Cornelius Gurlitt in der Schweiz erwartet.

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Mit zunächst etwa 200 Werken rechnet das Kunstmuseum Bern, dem der Sohn von Adolf Hitlers Kunsthändler Hildebrand Gurlitt die Sammlung vermacht hatte, wie die Sprecherin Maria-Teresa Cano der Deutschen Presse-Agentur am Mittwoch sagte. Darunter seien Papierwerke, die „in schwierigem bis desolaten Zustand“ seien.

Die Museumsspitze habe den Erbschein zwar physisch noch nicht in den Händen, aber es handele sich dabei um rein administrative Gründe. „Das hat nichts damit zu tun, dass das Urteil des Oberlandesgerichts München womöglich ins Wanken geraten könnte“, sagte Cano. Dem Museum seien keine weiteren juristischen Schritte der Cousine von Gurlitt bekannt, die das Testament vergeblich angefochten hatte.

Es seien keine Verfahren anhängig, bestätigte der Sprecher der Cousine, Thomas Pfaff. Theoretisch könne die Familie aber weiter versuchen, ihre Ansprüche auf zivilrechtlichem Wege durchzusetzen. Rechtsanwälte müssten die Erfolgschancen zunächst abwägen.

Damit geht ein beispielloser Kunstkrimi zu Ende. Zollfahnder waren Gurlitt 2010 auf die Spur gekommen. Niemand ahnte, dass der verschrobene alte Mann in seiner Wohnung in München-Schwabing auf einem umfangreichen, exquisiten Kunstschatz saß, darunter längst verloren geglaubte Bilder.

Dort und in seinem Haus in Salzburg wurden insgesamt rund 1500 Kunstwerke gefunden. Darunter waren Werke, die die Nationalsozialisten als „Entartete Kunst“ diffamiert hatten, und solche, die die Nazis meist jüdischen Kunsthändlern geraubt hatten. Gurlitt starb 2014 und vermachte die Sammlung dem Kunstmuseum Bern. Erst Ende 2016 schmetterte das Oberlandesgericht München die Klage der Cousine ab.

Die Werke liegen in einem Lager in München. Historiker versuchen, Angehörige von einstigen Besitzern aufzuspüren. Deshalb weiß das Kunstmuseum auch noch nicht, wie viele Werke die Sammlung schlussendlich umfassen wird. „Wir bekommen keine Werke, bei denen man davon ausgeht, dass es sich unter Umständen um Raubkunst handelt“, sagte Cano.

Aus den zunächst 200 erwarteten Werken soll der Berner Teil der mit Spannung erwarteten Doppelausstellung bestückt werden, die gemeinsam mit der Bundeskunsthalle in Bonn im November veranstaltet wird.

Die Berner Museumsdirektorin Nina Zimmer wies Kritik zurück, die Sammlung enthalte nur drittklassige Werke. „Es handelt sich um sehr gute Bestände klassischer Moderne, hauptsächlich auf Papier“, sagte sie der „Basler Zeitung“. „Es sind hervorragende Originalwerke im Bereich der Künstlergruppen Brücke und Blauer Reiter vorhanden, auch die neue Sachlichkeit, Otto Dix, George Grosz. Dresdner Künstler sind prominent vertreten: Zeichnungen, Aquarelle, Gouachen, viel Druckgrafik und sehr wenig Gemälde.“

Das Kunstmuseum Bern wolle im November unter dem Aspekt „Entartete Kunst“ „die vielleicht kunsthistorisch bedeutendsten Teile der Sammlung“ zeigen, so Zimmer. Die Bundeskunsthalle in Bonn konzentriert sich auf Raubkunst. Sie will auch Bilder zeigen, deren Herkunft noch unklar ist, und die Schicksale der beraubten Kunsthändler Täterbiografien gegenüberstellen.

Im Spätsommer können Besucher in Bern aber wahrscheinlich schon einen ersten Blick auf einzelne Werke aus der Sammlung werfen. „Im August fangen wir an, ein Atelier für die Sammlung aufzubauen“, sagte Cano. „Besucher können dort den Restaurierungsarbeiten durch Glasscheiben zusehen, und es wird öffentliche Führungen im Atelier geben.“