BGH: Mietminderung wegen Party-Touristen möglich
Karlsruhe (dpa) - Ständige Partys, Lärm und Müll von Touristen können Grund für eine Mietminderung sein. Das entschied der Bundesgerichtshof in einem am Mittwoch verkündeten Urteil. Zugleich machten es die Richter Mietern grundsätzlich leichter, eine Minderung der Miete durchzusetzen (Az.
VIII ZR 155/11).
Der Anwohner Daniel Dagan aus Berlin-Mitte hatte die Miete gemindert, nachdem die Hausverwaltung einen größeren Teil der Wohnanlage als Ferienwohnungen an Touristen vermietet hatte. Von 930 Wohnungen dort soll rund ein Drittel für Berlin-Besucher zur Verfügung stehen. Der Vermieter hatte ihm daraufhin gekündigt und zunächst vor dem Landgericht Berlin recht bekommen. Der BGH hob das Urteil auf.
Die Vermietung von Wohnungen an „Feriengäste und Touristen“ an sich genüge aber nicht für eine Mietminderung, stellten die Richter klar. „In einem Mehrfamilienhaus sind etwa gelegentlich auftretende Beeinträchtigungen wie einzelne Streitigkeiten von Bewohnern oder gelegentliches Feiern als sozialadäquat hinzunehmen.“ Die von Dagan geschilderten Störungen waren jedoch viel gravierender. Es habe regelmäßig laute Partys von den Kurzzeit-Nachbarn gegeben. Nachts klingelten orientierungslose Touristen an seiner Wohnung. Zudem ließen die Gäste ihren Müll im Treppenhaus stehen.
„Das Urteil bedeutet auch für viele andere Anwohner Rückenwind, die ihre Miete ebenfalls deswegen gemindert hatten“, sagte Dagan. Allerdings seien die Probleme mit den lauten Touristen damit nicht erledigt. „Hier sind Politik und Verwaltung gefordert.“
In Berlin gibt es nach Schätzungen 12 000 Ferienwohnungen. Laut einer Umfrage haben bereits 95 Prozent der normalen Anwohner negative Erfahrungen mit den unliebsamen Gästen gemacht. Ähnlich Probleme gibt es auch in anderen deutschen Großstädten wie Hamburg und München. Kritiker bemängeln zudem, dass durch die vielen Ferienwohnungen rarer Wohnraum für die Städter verloren gehe.
Politik und Verwaltung wissen zwar um das Problem mit den hotelähnlichen Angeboten. Allerdings sind sie meist machtlos. So fehlen etwa Rechtsgrundlagen, um die Ferienwohnungsflut einzudämmen. „Konkrete Auswirkungen auf die Situation sehen wir nicht“, sagte Daniela Augenstein von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung. „Wir prüfen aber, ob sich Aspekte für unser Anliegen ableiten lassen.“ Der Senat prüft eine Verordnung gegen die Zweckentfremdung von Wohnraum. Eine solche war 2002 gekippt worden.
Die Richter machten es überdies Mietern künftig leichter, eine Mietminderung durchzusetzen: Bei wiederkehrenden Beeinträchtigungen durch Lärm oder Schmutz ist es demnach nicht nötig, dass Mieter ein ausführliches Störungsprotokoll vorlegen. Der BGH verwies den Fall zur Klärung der Einzelheiten an das Landgericht zurück.
Der Deutsche Mieterbund (DMB) begrüßte das Urteil als Stärkung des Rechts zur Mietminderung. Die Richter hätten klar gemacht, dass es nicht mit der Forderung einer übertrieben detaillierten Mängelbeschreibung eingeschränkt werden dürfe.