Billiges Kerosin führt langsam zu niedrigeren Ticketpreisen

Frankfurt/Main (dpa) - Treibstoff für Flugzeuge wird auf dem Weltmarkt immer billiger. Doch die Kerosinzuschläge der Airlines bleiben unverändert. Sind sie nur eine interne Rechengröße oder „Abzocke“, wie Ryanair behauptet?

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Frankfurt/Main (dpa) - Treibstoff für Flugzeuge wird auf dem Weltmarkt immer billiger. Doch die Kerosinzuschläge der Airlines bleiben unverändert. Sind sie nur eine interne Rechengröße oder „Abzocke“, wie Ryanair behauptet?

Für Ryanair-Chef Michael O'Leary sind Kerosinzuschläge ein anderes Wort für „Spritabzockgebühren“. Der stets angriffslustige Ire wirft Lufthansa, Air France und Co. offen Missbrauch in Zeiten sinkender Spritpreise vor. „Wenn die Ölpreise steigen, sind die immer ganz schnell im Erhöhen dieser Kerosinzuschläge, aber wenn der Ölpreis fällt, extrem langsam. Das ist nur eine Abzocke“, gab O'Leary in einem Interview zu Protokoll.

Tatsächlich halten viele Fluggesellschaften wie British Airways oder die deutschen Branchengrößen Lufthansa und Air Berlin an ihren Zuschlägen fest, obwohl aktuell das Kerosin über 20 Prozent billiger ist als vor einem Jahr. Die Zuschläge sollen mindestens einen Teil der von den Airlines nicht zu beeinflussenden Kosten abdecken.

Doch für den Kunden sei der Zuschlag gar nicht relevant, sagt Lufthansa-Sprecher Boris Ogursky. „Wir werben ja ausschließlich mit dem Endpreis der Tickets und bewegen uns damit in einem äußerst wettbewerbsintensiven Marktumfeld.“ Tatsächlich sind die Netto-Erträge (Yields), also der variable Teil des Ticketpreises, seit Monaten auf Talfahrt. Für die Kunden sind Flugtickets in den letzten Monaten eher billiger geworden.

Für die klassischen Fluggesellschaften ist der starre Kerosinzuschlag tatsächlich so etwas wie eine interne Rechengröße und ein einstmals nützlicher Marketing-Begriff, der jetzt zum Bumerang wird: Erfunden zu Zeiten stark steigender Spritpreise, um den Kunden vor Augen zu führen, dass man selbst nichts für die erneute Preiserhöhung könne. Intern hatten die Zuschläge zudem den Vorteil, dass nicht gleich das gesamte Tarifsystem neu berechnet werden musste, wenn der Sprit mal wieder teurer geworden war.

Heute muss der Kunde schon ziemlich suchen, um im Buchungsverfahren den Kerosinzuschlag überhaupt zu finden. Seit Jahresbeginn versteckt er sich bei Lufthansa in der Bezeichnung nationaler oder internationaler Zuschlag, der beispielsweise für einen Hin- und Rückflug noch im Dezember nach Kapstadt 360 Euro bei einem Gesamtticketpreis von gut 1000 Euro ausmacht. In einem extra zu öffnenden Fenster sind acht weitere Gebühren und Steuern aufgeführt, die sämtlich im Endpreis enthalten sind. Einfacher, aber auch nicht unbedingt transparenter geht es bei der Norwegian zu, die bei einem Hin- und Rückflug von Berlin nach Oslo bei einem Gesamtpreis von 174,50 Euro lediglich eine „Flughafengebühr“ von 37,20 Euro verlangt.

Air Berlin und Lufthansa profitieren nach eigenen Aussagen nur langsam von den sinkenden Kerosinpreisen, weil sie aus der Vergangenheit noch Preissicherungsverträge auf höherem Niveau mitschleppen. Bis zu 24 Monate im Voraus sichern (hedgen) die Gesellschaften einen großen Teil ihres Spritbedarfs, was Preisanstiege wie eben auch Abstürze dämpft. Langfristig habe man damit viel Geld gespart und werde an dieser Art Risiko-Management festhalten, sagt Lufthansa-Finanzvorstand Simone Menne.

Ebenfalls ungünstig wirkt sich für die Europäer der schwache Euro aus, weil Kerosin weltweit in Dollar abgerechnet wird. In den ersten neun Monaten dieses Jahres hat Lufthansa bereits 5,18 Milliarden Euro für Kerosin ausgegeben, was nur 4,9 Prozent weniger sind als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Air Berlin hat mit 799 Millionen Euro nur 3,4 Prozent weniger gezahlt als vor einem Jahr.

Es gibt keine gesetzliche Pflicht, einen Spritzuschlag auszuweisen. So verzichtet neben Ryanair und EasyJet auch die Lufthansa-Tochter germanwings darauf. Es sei die freie Entscheidung der Fluggesellschaften, sagt das Luftfahrtbundesamt, das über die Einhaltung der in einer EU-Verordnung geregelten Preistransparenz wacht. Danach müssen neben dem Endpreis zwar alle Steuern, Gebühren und Zuschläge ausgewiesen werden und es dürfen auch keine optionalen Leistungen beim Buchungsvorgang voreingestellt sein. Von Kerosin ist in der Verordnung aber keine Rede.

Nicht sofort erkennbare Endpreise und voreingestellte Extras sind dann auch im Alltag der Verbraucherschützerin Kerstin Hoppe die viel häufigeren Probleme, die nach ihrer Aussage vor allem bei Flug- Vermittlungsportalen auftreten. Die Flugpreis-Expertin des Bundesverbands Verbraucherzentrale kennt auch den Trick, dass die Gebühren im Ticketpreis künstlich klein gerechnet werden auf manchmal nur noch einen Euro. „Das hat den Hintergrund, dass ein Teil der Gebühren nur anfällt, wenn der Passagier den Flug tatsächlich antritt. Sind sie nicht korrekt ausgewiesen, tut sich der Kunde schwer, die Gebühren zurückzufordern, falls er nicht fliegt.“