Bombe entschärft: Koblenz atmet auf
45 000 Menschen mussten gestern ihre Häuser verlassen.
Koblenz. Gespenstischer Sonntag in Koblenz — mit Happy End. Stundenlang war das Zentrum der 106 000-Einwohner-Stadt menschenleer.
Weil zwei Weltkriegsbomben im Rhein entschärft wurden, mussten 45 000 Menschen ihre Häuser verlassen. Es war die größte Evakuierung wegen Blindgängern in der Geschichte Deutschlands.
Am Ende brauchten die Experten des Kampfmittelräumdienstes knapp drei Stunden, um eine 1,8 Tonnen schwere britische Luftmine, eine 125 Kilogramm schwere US-Bombe sowie ein Fass mit gefährlichen Chemikalien unschädlich zu machen. „Insgesamt lief alles wunderbar“, so Horst Lenz, technischer Leiter des Kampfmittelräumdienstes.
Begonnen hatte der Großeinsatz frühmorgens. Bis 9 Uhr mussten Anwohner die Sperrzone von 1,8 Kilometern um die Bomben verlassen. Dann durchkämmten rund 1000 Feuerwehrleute und Mitarbeiter des Ordnungsamtes die Straßen und prüften, ob wirklich alle raus waren.
„Wir hatten vier Türöffnungen, ansonsten war alles ruhig“, sagte ein Polizeisprecher. Was zurückblieb, war vielerorts Stille und Leere. Im Hauptbahnhof war auf der Anzeigentafel „Zug fällt aus“ zu lesen, die Kerzen mehrerer Weihnachtsbäume beleuchteten eine verlassene Eingangshalle — fast wie in einem Endzeitfilm.
Andernorts dominierte das Blaulicht der Einsatzfahrzeuge. Insgesamt wurden gestern noch 320 Altenheim-Bewohner sowie 200 Hilfebedürftige aus privaten Haushalten abgeholt. Bereits an den Vortagen waren zwei Krankenhäuser sowie ein Gefängnis geräumt worden.
Einigen Bewohnern des Altenheims De Haye’sche Stiftung war die Angst ins Gesicht geschrieben. Bereits um 5 Uhr früh wurden sie geweckt. Bewohnerin Gerti Kraus (81) sagte: „Man mag sich gar nicht ausmalen, was passiert, wenn die Bombe explodiert.“ Eine Angehörige erzählte von einer Frau, die bitterlich geweint habe: „Sie hat Bombennächte im Zweiten Weltkrieg erlebt, und das kommt jetzt alles wieder hoch.“
Die sieben Notunterkünfte mit rund 12 000 Plätzen blieben weitestgehend leer. Die Behörden zählten dort nur 522 Menschen. Viele Bewohner waren unterdessen bei Freunden untergekommen. „Oder sie haben das Wochenende für einen Ausflug genutzt, was vernünftig ist“, sagte Oberbürgermeister Joachim Hofmann-Göttig (SPD), der selbst in der Sperrzone wohnt.