Braver Mann am Wilden Kaiser
Hans Sigl spielt im ZDF den „Bergdoktor“ und erweist sich als ein Mann mit vielen Talenten.
München. Es war eine Szene mit herrlicher Aussicht und weitreichender Bedeutung. Als Hans Sigl 2007 seinen Blick auf den Tiroler Wilden Kaiser richtete, erzählte der Schauspieler aus der Steiermark bei unserem ersten Gespräch, dass in Wildermieming seinerzeit die Sat.1-Serie "Der Bergdoktor" gedreht worden war. Was wäre wohl, wenn er eine solche Rolle angeboten bekäme?
Wenig später klingelte sein Telefon. Das ZDF bot ihm die Rolle des Bergdoktors an: "Mir ist vor Schreck fast das Handy aus der Hand gefallen." Er hielt es fest. Er sagte zu. Und er muss es nicht bereuen. Die ersten acht Folgen im vorigen Jahr waren mit 5,4 Millionen Zuschauern im Schnitt ein Hit. Nun läuft die zweite Staffel mit schon mutigeren 13 Folgen.
Das macht selbstbewusst. So runzelt Sigl denn nur flüchtig die Stirn, wenn wieder mal ein gemeiner Kritiker vom "Bergdoktor" als einem Heimatfilm-Wiedergänger spricht.
Um seinen Dr. Martin Gruber liegt ein Hauch Exotik, eine Ahnung von Gefahr. Das ist eigentlich bei all seinen Figuren so. Auch als er fünf Jahre lang ein eigentlich braver Polizist bei der "Soko Kitzbühel" (ZDF) war, seiner ersten Serienerfahrung. Auch in seinen Bühnenjahren "hat man mich den Romeo so rasch nicht spielen lassen".
Eher die leicht schrägen Typen, mit denen man sich zwar gut amüsieren, aber es sich nicht unbedingt gemütlich machen kann. Wie auch sein Bergdoktor zwar Leben rettet und jede Menge Gutes tut, zugleich aber von einer Beziehungskatastrophe in die nächste taumelt.
Aber das Publikum mag es so. Sigl mit seinem verschmitzten Jungenlächeln, seinem gelegentlichen Sarkasmus ("Die habe ich persönlich wie in meinen Rollen") passt in diese Zeit, in der auch auf dem Bildschirm Helden nicht mehr ganz so heldenhaft sein müssen.
Er ist ein Mann mit mancherlei Talent. Sänger, Tänzer, Kochbuchautor, "So kocht Kitzbühel" heißt das Werk. Er wiegelt ab: "Ich bin nur der Herausgeber. Mehr nicht." Und das Tanzen und Singen habe sich wie von selbst aus den Musical-Rollen am Theater ergeben, im "Black Rider", "Little Horror Shop" oder als Vogelscheuche im "Zauberer von Oz".
Er mag die Herausforderung. Deshalb spielt der 39-Jährige als Kontrast zum guten "Bergdoktor" gern den Bösen, wie im ZDF-Zweiteiler "Schuld und Unschuld" und zuletzt in der Christine-Neubauer-Schmonzette "Der Nikolaus im Haus". Und anders als frühere TV-Doktoren wie Klausjürgen Wussow oder Christian Quadflieg wird Hans Sigl privat nicht um Rezepte angegangen. Er blickt erleichtert.
Medizin wäre sowieso nichts für ihn gewesen. Mit Krankheiten beschäftigt er sich nicht gern. Er ist anders als mancher Kollege auch kein Hypochonder, der ständig seinen Leib nach irgendwelchen Wehwehchen abhorcht. Er lacht: "Darin bin ich für einen Schauspieler wohl eher untypisch."
Wie sein Dr. Gruber stammt er aus einer eher ländlichen Region, aber anders als den zieht es ihn nicht zu den rustikalen Wurzeln zurück. Er lebt am Ammersee, die Großstadt München ist nah, von Beziehungskatastrophen hält er sich fern. Dafür sorgt schon die freundliche blonde Frau an seiner Seite: Susanne Sigl (41), Fotografin und Sängerin.
Im vorigen Sommer haben sie geheiratet, zünftig vor der Prachtkulisse des Wilden Kaiser. Denn ganz privat hat Hans Sigl nichts gegen Heimatfilm-Romantik.
ZDF, 20.15 Uhr: Der Bergdoktor