Briten träumen von 365 Tagen Sommerzeit
Im Herbst will das Parlament entscheiden, ob es eine Annäherung an die auf dem Kontinent übliche Zeit gibt.
London. Kaum werden die Tage kürzer, flammt die älteste Debatte im Königreich wieder auf: Die Mehrheit der Briten mag es abends länger hell und will die Uhren mit dem Kontinent synchronisieren. Allzeit Sommerzeit am Big Ben (Foto) in London? Auch Premier David Cameron sympathisiert jetzt mit der Idee. Er verspricht sich von der "doppelten Sommerzeit" Vorteile für die Tourismusindustrie. Nur die Schotten sind entsetzt.
Der Streit, wer auf der Insel wann von Sonnenschein profitiert, geht im Herbst in die entscheidende Runde. Rebecca Harris, Abgeordnete der Konservativen, will dann eine Gesetzesvorlage ins Parlament einbringen. Ihr Ziel: entweder die Sommerzeit ganzjährig einzuführen oder die Uhren generell um eine Stunde - und damit auf kontinentaleuropäische Zeit - vorzustellen. Derzeit sind die Briten eine Stunde zurück.
Beide Optionen würden den Bewohnern im Süden der Insel mehr Tageslicht schenken. Sonnenuntergang wäre selbst Mitte Dezember kaum vor 17 Uhr. Für die Schotten hingegen würde die Sonne zur selben Jahreszeit erst kurz vor 10 Uhr aufgehen. Dort ist die Sorge groß, dass Kinder, die im Dunkeln den Schulweg antreten, häufiger verunglücken. "Wenn die Leute im Süden eine Extrastunde Licht wollen, dann sollen sie früher aufstehen", heißt es.
Die Chancen, dass Großbritannien zum dritten Mal in 100 Jahren an der Uhr dreht, stehen gut. Der Widerstand der Landwirtschaft als Frühaufsteher-Branche hat im gleichen Maße abgenommen wie die Zahl der Höfe.
Umweltschützer versprechen sich vor allem eine gigantische Stromeinsparung. 500.000 Tonnen Kohlendioxid könnten durch längeres Tageslicht eingespart werden, rechnet die Organisation "10:10" vor. Ganz zu schweigen von anderen Vorteilen: "Ein hellerer Feierabend macht uns glücklicher und gesünder."