Büchner-Preis an Sibylle Lewitscharoff verliehen
Darmstadt (dpa) — Die Schriftstellerin Sibylle Lewitscharoff hat den renommierten Georg-Büchner-Preis verliehen bekommen.
Die 59-Jährige erkunde „mit unerschöpflicher Beobachtungsenergie, erzählerischer Fantasie und sprachlicher Erfindungskraft die Grenzen dessen, was wir für unsere alltägliche Wirklichkeit halten“, hieß es in der Begründung der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung am Samstagabend in Darmstadt. Der Preis ist mit 50 000 Euro dotiert und gilt als wichtigste literarische Auszeichnung Deutschlands.
Der Büchner-Preis wurde zum 62. Mal vergeben. Lewitscharoff zeigte sich hocherfreut. „Man hat mich schon mit etlichen Preisen verwöhnt — der Büchner-Preis ist der schönste.“ Zu den oft exzentrischen, ja verrückten Figuren in ihren Romanen sagte Lewitscharoff am Samstag: „Im wirklichen Leben mache ich einen Riesenbogen um die massiv Gestörten, aber in der Literatur hege und pflege ich sie auf bekömmliche Weise.“
Ob sie den Büchner-Preis verdient habe, könne sie selbst aber unmöglich wissen, sagte die in Berlin lebende Schriftstellerin. Ganz sicher war sich da die Autorin Ursula März: „Ich kenne wenige Schriftsteller, die sich über den eigenen Schreibtisch hinaus in vergleichbar leidenschaftlicher Weise an die Literatur verausgaben — auch an die von Kollegen“, sagte sie in ihrer Laudatio.
Wer Lewitscharoff ein Manuskript schicke, könne schon am nächsten Tag mit einem aufrichtigen Urteil rechnen, sagte März. „Eine einzige Prosaseite genügt, um in Sibylle Lewitscharoff eine beinharte Verteidigerin jener Literatur zu erkennen, die sich in erster Linie als Kunst versteht, als Form ästhetischer und sprachlicher Pracht.“
Lewitscharoff hat bereits zahlreiche Auszeichnungen gewonnen. Neben dem Ingeborg-Bachmann-Preis für ihren Roman „Pong“ zählen dazu der Preis der Leipziger Buchmesse, der Berliner Literaturpreis, der Kleist-Preis und der Ricarda-Huch-Preis.
Die Akademie für Sprache und Dichtung wurde 1949 gegründet. Ihr gehören rund 180 Mitglieder an. Die Verleihung des Büchner-Preises ist der feierliche Abschluss der Herbsttagung. Im vergangenen Jahr erhielt die Berliner Schriftstellerin Felicitas Hoppe die begehrte Auszeichnung.
Zu den bisherigen Preisträgern gehörten etwa Erich Kästner (1957), Günter Grass (1965), Heinrich Böll (1967) und Friedrich Dürrenmatt (1986). Namensgeber ist der deutsche Revolutionär und Dramatiker Georg Büchner, der 1813 im Großherzogtum Hessen geboren wurde und 1837 in Zürich starb.
Neben dem Büchner-Preis wurden noch zwei weitere Auszeichnungen verliehen, jeweils mit 20 000 Euro dotiert:
Der Sigmund-Freud-Preis für wissenschaftliche Prosa ging an die Berliner Arabistin Angelika Neuwirth (69) für ihre Forschungen zum Koran und Europa.
Wolfram Schütte (74) erhielt für seine Arbeit als langjähriger Feuilletonredakteur der „Frankfurter Rundschau“ den Johann-Heinrich-Merck-Preis.