Cowboy und Büffeljäger Buffalo Bill und die Geburt des Wilden Westens

Cody (dpa) - Halbnackte Indianer stampfen gebückt einen Tanz, Federn im Haar schmücken ihren Kopf. Cowboys in Latzhosen schwingen Lassos und bringen mit geschickter Wurftechnik bockende Pferde zu Fall.

Foto: dpa

Ein weißbärtiger Mann zieht den Hut, Fransen baumeln vom Ärmel seiner Lederjacke: Es ist Buffalo Bill, „der berühmteste Kundschafter der amerikanischen Geschichte, Idol des jungen Amerika“, wie es in einer Filmaufnahme aus dem Jahr 1908 heißt. Willkommen im Wilden Westen.

Eigentlich hieß der als Wildwestshow-Organisator, Büffeljäger und Kundschafter (Scout) der US-Armee bekannte Held der US-Pionierjahre William Frederick Cody. Aber als Buffalo Bill gelang es ihm, die mutige, aber auch oft blutig erkämpfte Eroberung des amerikanischen Westens in die zivilisierte Welt zu tragen und nachzuerzählen.

Am 10. Januar jährt sich Codys Todestag zum 100. Mal. Die später in Musik, Büchern, Filmen und Theaterstücken besungenen Western verdanken die USA auch Codys Gespür für das Showbusiness des 19. Jahrhunderts.

Der 1846 in einer Blockhütte in Iowa geborene Sohn eines Händlers und Landvermessers und einer Schullehrerin war von früh an ein begabter Reiter. Von jungen Jahren an soll er einigen Historikern zufolge für den Reiter-Postdienst Pony Express geritten sein, 1864 meldete er sich bei einem Kavallerieregiment in Kansas, um gegen die Südstaaten im Bürgerkrieg zu kämpfen. Cody versuchte sich auch als Kutscher und Gastwirt, ehe es den als furchtlos beschriebenen Abenteurer in die Weite zog. Zu Hause blieb er selten längere Zeit.

Seinen Spitznamen handelte Cody sich ein, als er im Auftrag der Eisenbahngesellschaft 4280 Bisons erlegte (diese waren auch als Büffel bekannt), um Arbeiter mit dem Fleisch zu versorgen. Zusammen mit seinen Jahren als Chef-Kundschafter der US-Armee dürften es diese Erfahrungen gewesen sein, aus denen Cody Ideen für seine bald auch in Europa berühmten Wildwest-Shows entwickelte.

„Die Geburt des Wilden Westens als erfolgreiches Genre war zu großen Teilen ein Produkt von Persönlichkeit, dramatischem Scharfsinn und gutem Timing“, schreibt Paul Fees, ehemaliger Kurator des Buffalo Bill Museum im US-Staat Wyoming, wo Cody einst lebte. Western-Shows wurden um 1880 populär, und Cody, der die Presse für seine Zwecke zu nutzen wusste und auch die Technik der Plakatwerbung beherrschte, machte sie als Kenner und Star des Westens perfekt, schreibt Fees.

Nachdem Cody die Büffeljagd eines russischen Großfürsten geleitet und für diesen auch besondere „Wildwest-Unterhaltung“ organisiert hatte, wuchs diese Show bald zu „Buffalo Bill's Wild West“ heran. Millionen Menschen erzählte er damit zwischen 1883 und 1913 von Abenteuern und Alltag, Kämpfen und Kultur der Pionierjahre. Cody habe die Eroberung des Westens „besser als jedes andere Medium seiner Zeit“ in „klarer erzählerischer Form“ in den jungen USA und im Ausland präsentiert, schreibt Fees. Buffalo Bill wurde zum Wildwest-Cowboy schlechthin.

Der Erfolg des Spektakels, in der Reiter um die Wette galoppierten und Kunstschützen wie die weltbekannte Annie Oakley sich in Zielgenauigkeit übertrafen, war gewaltig. Sogar der legendäre Sioux-Stammeshäuptling Sitting Bull gastierte eine Saison in der Show, und bald schaffte sie es zur britischen Queen Victoria, durch Europa und bis nach Asien. Besonders beliebt waren beim Publikum die ausführlich choreographierten Kämpfe mit Ureinwohnern und deren Angriffe auf Festungen oder Hütten der weißen Siedler.

Trotz diesem Erfolg und Codys Investitionen in Viehwirtschaft, Berg- und Städtebau, die Filmindustrie und Tourismus warfen die meisten seiner Geschäfte zu Lebzeiten kaum Geld ab. Er ließ sich von seiner Frau scheiden, nur zwei ihrer vier Kinder überlebten. Einer der berühmtesten Amerikaner blieb er auch aus europäischer Sicht aber bis heute: Filme, Romane und TV-Serien wie „Bonanza“ griffen Cody als Figur auf, sogar die NFL-Footballmannschaft „Buffalo Bills“ aus dem Staat New York hat sich nach dem begabten Reiterhelden benannt.

Bis zu seinem Tod im Jahr 1917 erlebte Cody, wie das fast unberührte Land von Zäunen und den als Eisenbahnen bekannten Stahlungetümen durchzogen, Bisonherden dezimiert und Indianer in Reservate gedrängt wurden. Vielleicht lebte er auch deshalb als Einzelgänger, wie es in einer historischen Filmaufnahme von 1908 heißt: „Lang war es die Gewohnheit des alten Scouts, sich in Sternennächten für ein paar Stunden ins Freie davonzustehlen, allein.“