Bumerang-Sportler werfen sich für die WM warm
Dargow (dpa) - Der Wurf eines Büschels Gras ist für ihn obligatorisch. Erst danach holt Fridolin Frost aus. Elegant saust sein Bumerang surrend über die Wiese. Sekunden später fängt der elffache Bumerang-Weltmeister sein Wurfgerät locker wieder mit der rechten Hand auf.
„Man kann sich dieser Faszination nur schwer entziehen: Du wirfst etwas weg, und es kommt wieder zurück“, sagt der gebürtige Bad Schwartauer. An diesem Tag geht es beim Turnier am Schaalsee im schleswig-holsteinischen Dargow nur um Spaß. Ernster wird es ab dem kommenden Wochenende: Dann will der 44-Jährige bei der Weltmeisterschaft in Kiel weitere Titel sammeln.
Rund 120 Sportler aus aller Welt werden in Kiel erwartet. „Eine gewisse Spinnertheit gehört zum Bumerang-Sport dazu“, sagt Frost. Rund 50 verschiedene Bumerangs hat er dabei, geeignet für die unterschiedlichsten Disziplinen und Wetterbedingungen. Einige sind auf Holz, andere aus Schaumstoff, viele aus Kunststoffen. Der Rekord-Weltmeister hat einige mit Gummibändern versehen, Löcher hineingebohrt, Münzen und kleine Türstopper daraufgeklebt. Alles dient dazu, die Flugeigenschaften zu verändern. Die schweren und scharfen Fluggeräte aus Glasfaser fliegen besonders weit. „Der Weltrekord liegt bei 239 Metern“, sagt Bumerang-Weltverbandspräsident Günter Müller aus Dormagen.
Die meisten Bumerangs entstehen in Handarbeit. „Wir bauen unsere Bumerangs alle selbst“, sagt Frost. Vieles bei diesem Sport ist Erfahrung. „Wenn du gut bist, konstruierst du einen Bumerang, der perfekt zu deinem Wurf passt.“ Der heute in Bremen lebende Geschäftsführer eines Lebensmittelunternehmens geht seinem Hobby bereits seit 1987 nach. „Damals habe ich auf einem Marktplatz einen Werbe-Bumerang für den Film 'Crocodile Dundee' aus Pappe gefunden.“ Seitdem ist er dabei. Die Bumerangs hätten sein Leben verändert, er habe Freunde in aller Welt gefunden, sagt er.
Um 17 Titel geht es vom 22. bis 31. Juli in Kiel. „Die Cracks haben 30, 40 Modelle dabei“, sagt der Präsident des Deutschen Bumerangclubs, Eckhard Mawick. Als Königsdisziplin gilt die „Australische Runde“. Dabei fliegt der Bumerang im Idealfall bis zu 50 Meter weit und wird möglichst an gleicher Stelle im innersten Kreis des Wurffeldes wieder gefangen, dem Bull's-Eye.
Wurfhölzer haben eine lange Geschichte. Das älteste jemals gefundene Modell stammt aus einer Höhle in den Karpaten in Polen. „Er wurde auf mehr als 20 000 Jahre datiert“, sagt Mawick. Das Wurfgerät aus Mammut-Stoßzahn nutzte sein Besitzer aber nicht aus Spaß, sondern zur Jagd. „Der Rückkehrer ist eigentlich eine Fehlkonstruktion.“ Von den Aborigines in Australien seien die im Kreis fliegenden Hölzer vor allem aus kultischen Gründen genutzt worden.
Der 73 Jahre alte Mawick schätzt vor allem das Familiäre des Sports. Bumerang-Werfer seien eine „Versammlung sympathischer Spinner“. In Deutschland sind mehr als 250 organisiert, „vom Tischler bis zum Professor für Physik“. Knapp 100 davon betreiben das Ganze sportlich. Der Spaß steht im Vordergrund, Geld gibt es ohnehin nicht zu verdienen. „Das Tolle ist, es geht um nix“, sagt Mawick. „Die Weltmeister bekommen bei uns einen Pokal und eine Urkunde.“
Als Titelverteidiger bei den Mannschaften treten in Kiel die Japaner an. Die mehrfachen Weltmeister aus Deutschland wollen sich den Titel auf heimischem Grund aber zurückholen. Neben den deutschen Werfern gelten vor allem die Amerikaner als Favoriten. Zu den Teilnehmern mit der weitesten Anreise zählt der Australier Roger Perry aus Perth. Der 61-Jährige lebt vom Verkauf seiner Bumerangs. In Kiel trainiert er das australische Team. „Es gibt immer eine Chance“, sagt er, auch wenn die Teams aus Deutschland und den USA sehr stark seien.
Für Zuschauer ist die neuntägige WM auf dem Kieler Nordmarksportfeld kostenlos. Verbandspräsident Mawick hofft auf regen Zuspruch. Denn: „Wir haben ein bisschen Nachwuchssorgen.“