Chanels Mode-Supermarkt: Willkommen in Karls Einkaufswelt
Paris (dpa) - Der Run auf die Chanel-Fußmatten am Ende schien ungeplant. Sonst aber lief in Lagerfelds Prêt-à-Porter-Schau in Paris alles wie am Schnürchen. Der Clou: Die Models wandelten zwischen „Supermarkt“-Regalen.
Saint Laurent mischte Upperclass mit Sexyness.
Statt zum Luxus-Shopping ging es in den Supermarkt und in was für einen! Die Modeleute in Paris staunten nicht schlecht, als sie sich bei Karl Lagerfelds Prêt-à-Porter-Schau für Chanel in einer bunten Einkaufswelt wiederfanden - mit einer Bauabteilung, die Chanel-Fußmatten und -Staubwedel anbot, Gemüseständen, Coco-Cookies (eine Anspielung auf Coco Chanel), Keksen, Bonbons oder Kaffee.
Die Models kamen zwischen den Regalen hervor, gewandet in einen superjung wirkenden alltagstauglichen Schichtenlook - mit übergroßen, breit taillierten Tweedmänteln in Pastelltönen, glitzernden Sneakers und Kleidern über Silberjeansröhren. Ihre Haare waren mit langen Bändern lose zusammengebunden. Sie trugen riesige Sonnenbrillen mit Tweedmuster am Rand, und ihre Chanel-Taschen glichen Edel-Einkaufskörben oder den als „Hackenporsche“ verhöhnten Einkaufsrollern älterer Damen.
Die Musik zum Defilee wurde immer wieder durch Supermarktdurchsagen unterbrochen wie: „Die kleine Marine möchte an der Kasse abgeholt werden“. Geschickt verbarg die witzige Attitüde dieser Schau (einige aufwendig bestickte Kleider in Bonbon- oder Kaleidoskop-Farben glichen sogar Faschingskostümen) die piekfeine Anmutung vieler Entwürfe. Es gab bei Mänteln oder Kostümen viele Elemente klassischer Couture: fein gesetzte Knöpfe, schmale eingewebte Silberfäden, ovale Kurzjackenformen und sauber verarbeitete Nähte.
Das rasante Finale der modischen Einkaufstour war allerdings wohl ungeplant: Am Ende stürmten viele Journalisten, Blogger, Einkäufer und auch ein paar der Promi-Gäste von ihren Plätzen, um die Regale leerzuräumen. Meist vergeblich, da die Ordner die ergatterten Teile wieder einsammelten. Andere Gäste ließ diese wohl unbeabsichtigte Parodie auf den Konsumwahn fast sprachlos zurück.
Ähnlich begehrt wie die Einladungen für Chanel am vorletzten Tag der Prêt-à-Porter-Woche (25. Februar bis 5. März) waren die für die Schau von Designer Hedi Slimane für Saint Laurent. Anklänge an die 1960er Jahre - an Swinging London oder New Yorks Popkultur - tönten unverkennbar durch die Kollektion. Die Models wirkten wie Zöglinge eines britischen Edel-Internats auf dem Weg zu einer Party.
Gekonnt mischte Slimane Upperclass und Sexyness - mit einer Reihe tadellos geschnittener Mäntel und Capes in Schwarz, Grau oder mit Karomuster, paillettenschimmernder Minikleider und glitzernder halbhoher Stiefel oder Schuhe. Ein bisschen Schräges war auch dabei - der Pelz mit Leopardenmuster oder der superkurz geschnittene Schottenrock mit Silberglanz.
Der für Saint Laurent typische Abendsmoking erschien hier nur noch als Jacke, die wie ein Kleid zur schwarzen Strumpfhose getragen wurde. Dennoch näherte sich Slimane, der in den vergangenen Saisons dem Traditionshaus seinen von der US-Rockszene geprägten Stil verpasst hatte, mit den Entwürfen Yves Saint Laurent (1936-2008) wieder an. Einiges erinnerte an die Kostüme, die jener für den Film „Belle de Jour“ mit Catherine Deneuve im Jahr 1967 gemacht hat. Deneuve saß auch im Publikum, genau wie die ehemalige Lebensgefährtin von Frankreichs Präsidenten, Valérie Trierweiler.