Lauterbach hofft weiter Wie Kliniken, Arbeitgeber und Apotheken auf die gescheiterte Impfpflicht reagieren
Update · Vorerst keine allgemeine Corona-Impfpflicht in Deutschland: Krankenhäuser, Arbeitgeber und Handel reagieren enttäuscht. Der Bundesgesundheitsminister hofft weiter.
Die Krankenhäuser haben enttäuscht auf das Scheitern einer allgemeinen Impfpflicht im Bundestag reagiert. „Schlussendlich stehen wir jetzt vor einem Scherbenhaufen, den alle Parteien zu verantworten haben“, sagte der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), Gerald Gaß, der „Rheinischen Post“ am Donnerstag. „Es war ein Scheitern mit Ansage“, fügte er mit Hinweis hinzu, dass die Regierung keinen eigenen Antrag vorgelegt habe.
Nach dem Scheitern der allgemeinen Impfpflicht müsse man nun umgehend auch Entscheidungen zum weiteren Umgang mit der einrichtungsbezogenen Impfpflicht treffen, forderte Gaß. „Dass die Gesundheitsämter jetzt noch Arbeitsverbote für ungeimpfte Personen im Gesundheitswesen aussprechen, halte ich für nicht vorstellbar. Für uns war die allgemeine Impfpflicht immer eine nachfolgende Notwendigkeit, um die einrichtungsbezogene Impfpflicht aufrechtzuerhalten“, betonte Gaß.
Der Sozialverband Deutschland, der sich klar für eine Impfpflicht ausgesprochen hatte, bedauerte das Scheitern ebenfalls. Verbandspräsident Adolf Bauer appellierte aber an Parlament und Bundesregierung, die Gespräche über eine allgemeine Impfpflicht weiterzuführen.
Enttäuscht zeigten sich auch die Arbeitgeber. „Das ist kein guter Tag für die Pandemiebekämpfung. Impfen bleibt ein zentraler Baustein im Kampf gegen die Pandemie“, erklärte Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger. Wenn eine Impfpflicht vorerst nicht komme, sei es nun noch wichtiger, dass jeder seinen Beitrag für eine möglichst hohe Impfquote leiste. „Auch ohne Pflicht müssen wir alle die Ärmel hochkrempeln und anpacken. Auch der Staat ist hier gefordert, alle Potenziale der Impfkampagne auszuschöpfen“, mahnte Dulger. Die Unternehmen seien ihrerseits bereit, durch das betriebsärztliche Impfen ihren Teil beizutragen.
Corona-Impfpflicht scheitert: Auch Handelsverband enttäuscht
Der Handelsverband Deutschland hat enttäuscht auf das Scheitern eines Entwurfs im Bundestag für die Einführung einer Corona-Impfpflicht in Deutschland reagiert. Hauptgeschäftsführer Stefan Genth erklärte am Donnerstag in Berlin: „Es ist sehr bedauerlich, dass im Bundestag keine Einigung für eine Corona-Impfpflicht erzielt werden konnte. Aus Sicht des Handels ist eine hohe Impfquote nach wie vor das vielversprechendste Mittel, um zu verhindern, dass wir im kommenden Herbst wieder vor ähnlichen Herausforderungen und Maßnahmen wie in den vergangenen beiden Jahren stehen.“
Der Handel werde jetzt erst recht weiter mit voller Kraft daran arbeiten, noch mehr Menschen von den Vorteilen einer Impfung zu überzeugen. „Wir ruhen uns nicht auf den im Rahmen der Kampagne bereits verimpften eine Million Impfdosen aus und werden weiterhin vor allem in Einkaufszentren Impfaktionen anbieten. Jetzt liegt es in der Verantwortung jedes einzelnen, seinen Beitrag zu einer dauerhaften Normalisierung des täglichen Lebens zu leisten und sich impfen zu lassen.“
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hofft weiter auf Corona-Impfpflicht
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hofft nach dem Nein des Bundestages zu einem Gesetzentwurf zur Impfpflicht weiter, dass es doch noch zu einer solchen Regelung kommt. "Um unnötige Opfer im Herbst zu vermeiden, sollte der Versuch nicht aufgegeben werden, bis dahin trotzdem eine Impfpflicht zu erreichen", erklärte Lauterbach am Donnerstag in Berlin.
"Man darf nie aufgeben, wenn es um das Leben anderer Menschen geht", fügte der Minister hinzu. "So denke ich als Arzt, so denke ich als Politiker." Das Ergebnis der Abstimmung zur Impfpflicht sei eine Enttäuschung und mache den Kampf gegen die Coronapandemie spätestens im Herbst sehr viel schwerer. Zuvor hatte der Gesetzentwurf, der eine Impfpflicht ab 60 vorsah, im Bundestag klar seine Mehrheit verfehlt.
Apotheken wollen Angebot ausweiten
Die Apotheken wollen nach den gescheiterten Anträgen zu einer Corona-Impfpflicht im Bundestag ihre Angebote verstärken. „Wir sehen große Chancen, noch mehr Bürgerinnen und Bürger von einer Impfung zu überzeugen“, sagte der Vorsitzende des Apothekerverbandes Nordrhein, Thomas Preis, am Donnerstag. Bundesweit über 60.000 Corona-Impfungen in den Apotheken zeigten, dass Apotheken besonders zahlreiche Erstimpfungen durchführten. Wissenschaftliche Studien belegten auch, dass Beratung erfolgreicher als Impfpflicht sei.
„Wir müssen gut vorbereitet in den nächsten Winter gehen“, betonte Preis, über dessen Äußerungen auch die „Rheinische Post“ berichtete. Das Aus für die Impfpflicht mache die Informationskampagne für Impfungen und Booster-Impfungen noch wichtiger. Die Apotheken würden in den nächsten Wochen gezielt dazu aufklären, kündigte Preis an.