Corona-Pandemie Wie Muslime mit dem Ausnahme-Ramadan umgehen
Wuppertal/Berlin · Die Corona-Krise trifft auch den Fastenmonat der Muslime. Es wird hart ohne Moschee und Geselligkeit während des Ramadans, sagen Gläubige. Sie setzen auf vielseitige Mutmacher- und Solidarprojekte.
Der Ausnahme-Ramadan beginnt. Ein Fastenmonat unter schwierigen Umständen und großen Einschränkungen. Viele Muslime und Moscheegemeinden in Deutschland reagieren mit kreativen Ideen und umso größerem Engagement auf die harten Corona-Auflagen.
Das allabendliche Fastenbrechen – das Iftar-Mahl wird normalerweise nach Einbruch der Dunkelheit privat in geselliger Runde oder in den Moscheegemeinden begangen – könnte wegen der Kontaktbeschränkungen diesmal für manche eine triste, einsame Sache werden. Kopf hoch, sagen Mitglieder der Ditib Zentralmoschee Wuppertal. Ihre Devise und ihr Service ab Freitag für die nächsten 30 Tage: „Wir wuppen... Iftar Delivery“.
Mit diesen Aufklebern an ihren Autos fahren viele Helfer nun durch die Stadt, bringen frisch gekochte Mahlzeiten an zehn Standorte, wie Gemeinde-Sprecher Muhammed Sönmez schildert. „Das sind jeden Abend 300 Portionspakete, die Bedürftige sich abholen können – egal, ob sie Muslime sind oder nicht.“ Älteren Menschen, die nicht zu einem Standort kommen können, werden die Iftar-Pakete nach Hause geliefert. Die Aktion wollen sie mit Spenden finanzieren. Sie ist mit Stadt und Tafel abgesprochen.
Mindestens 1500 Schutzmasken für die Stadt Wuppertal
„Sonst kochen wir im Ramadan in der Moschee und haben spätabends dann Hunderte bei uns zu Gast“, erzählt Sönmez. „Aber jetzt müssen wir das Kochen und das Fastenbrechen ausgliedern, weil wir den Mindestabstand nicht einhalten können.“ Allen sei bewusst, dass man um den schmerzlichen Verzicht nicht herumkomme. Die Frauen der Gemeinde nähten Zuhause innerhalb von drei Tagen Hunderte von Nase-Mund-Schutzmasken, mindestens 1500 Stück wollen sie der Stadt im Ramadan übergeben.
Es werde sehr schwierig in diesem Fastenmonat, sagen die Gemeindemitglieder Suat Beyazal und Köksal Koc, die beide als „Iftar-Kuriere“ im Einsatz sind. „Ohne das Beisammensein, ohne das Essen und Beten zusammen, ist es ein trauriger Ramadan“, findet Koc. Aber es hilft nichts: „Der Gebetssaal bleibt geschlossen, wir beten zuhause“, stellt Sönmez klar. Manche Städte haben ausnahmsweise einen täglichen Muezzinruf erlaubt. „Das ist ein schöner Trost.“
Der Ramadan 2020 werde den Muslimen besonders viel Kraft und Ausdauer abverlangen, weiß auch die islamische Religionspädagogin Lamya Kaddor. „Denn es ist der Monat der Gemeinschaft und der Solidarität. Aber jetzt ist es ein Ramadan der Kontaktsperre – und Solidarität bedeutet diesmal vor allem, sich fernzuhalten.“ Geschätzte gut fünf Millionen Muslime leben in Deutschland, besonders viele in Nordrhein-Westfalen. Gläubige Muslime essen und trinken im Ramadan nur vor Sonnenaufgang und nach Sonnenuntergang.
„Der Ramadan ist ein spiritueller Monat, aber eben auch eine besondere Zeit der Lebensfreude“, erläutert Kaddor vom Liberal-Islamischen Bund. „Die Muslime freuen sich darauf, zusammen zu lachen, sich auszutauschen.“ Und: „Der Ramadan bringt Strapazen mit sich und leider auch die alljährliche Kritik, das Fasten sei ja so ungesund und unverantwortlich. Das ist belastend und in der Gemeinschaft besser zu ertragen. Mit dem gegenseitigen Aufmuntern wird es aber jetzt schwer.“