Costa Concordia: Der Kapitän für die letzte Fahrt
Nicholas Sloane will ab Montag die Costa Concordia heben. Die Bergung ist hoch riskant und der Südafrikaner hat nur einen Versuch.
Giglio. Wenn am Montagmorgen die Sonne über der Insel Giglio aufgeht, ist Nicholas Sloane (Foto) in seinem Element. Nur das Wetter muss mitspielen, dann kann der Kapitän um sechs Uhr das Kommando zur Aufrichtung der Costa Concordia geben. Das Kreuzfahrtschiff war im Januar 2012 vor der toskanischen Insel havariert, 32 Menschen starben damals. Sloane ist der Mann, auf dessen Anweisungen alle hören, die an der wohl kompliziertesten Schiffsbergung aller Zeiten beteiligt sind, 500 Experten, darunter Ingenieure, Taucher, Biologen und Ärzte. Sloane selbst behauptet, diese Bergung sei der schwierigste Job, den er je gemacht hat.
Das will etwas heißen. Der Kapitän ist seit 30 Jahren auf den Meeren unterwegs und erledigt Aufräumarbeiten der besonderen Art. Der 52-jährige Südafrikaner hat schon gesunkene Bohrinseln geborgen und zerstörte Pipelines repariert. 2011 gelang ihm vor der Küste Jemens die Bergung eines mit Rohöl beladenen Tankers, den Piraten mit Raketenwerfern in Brand gesetzt hatten. Eigentlich lässt er gestrandete Wracks sprengen, manchmal auch zersägen. All das ist im Fall der Costa Concordia nicht möglich, weil sie in einem Naturschutzgebiet liegt. Die Schäden bei der Aktion müssen so gering wie möglich sein.
Sloane ist so etwas wie der Mann für unmögliche Jobs in seiner Branche. Deshalb engagierte ihn das Konsortium Titan-Micoperi, das von der Costa-Reederei den Zuschlag für die Bergung bekam. Mit der sogenannten Parbuckling-Methode soll der Rumpf des Schiffes mit einer eigens konzipierten Hydraulik langsam aufgerichtet werden. Wenn alles funktioniert, wird der 290 Meter lange, 30 Meter breite und 114 000 Tonnen schwere Schiffsrumpf, der seitlich auf den Meeresgrund gesunken ist, wieder senkrecht auf einer eigens errichteten Unterwasser-Plattform stehen. Mehr als zwölf Stunden sollen dabei nicht vergehen. 600 Millionen Euro kostete die Bergung bislang, mehr als doppelt so viel wie ursprünglich vorgesehen.
„Wir haben nur einen Versuch“, sagt Sloane. Schon mehrmals wurde die Aufrichtung von Wracks erprobt, aber nie an einem derart beschädigten und großen Schiff wie der Costa Concordia. Sie ist auf zwei Seiten lädiert. In der offen liegenden Seite klafft ein 70 Meter langer Riss von der Kollision mit dem Felsen, die zum Unglück führte. Die große Frage ist, wie sehr der auf dem Grund aufliegende Teil durch die Havarie beschädigt ist. Niemand, auch Sloane nicht, kann mit Sicherheit vorhersagen, wie die Costa Concordia, die seit 20 Monaten unter Wasser liegt, auf die extreme Zugkraft der Stahlseile reagieren wird. Über den Winter sollen die restlichen der insgesamt 36 Container am Wrack befestigt werden, die die Costa Concordia wie Schwimmflügel beim Abtransport über Wasser halten werden. Der soll im Frühjahr erfolgen. Sloane wird das Schiff dann auf ihrer letzten Fahrt begleiten.