"Crash Kurs NRW": Der Schock heiligt die Mittel
Jugendliche sollen für die Gefahren im Straßenverkehr sensibilisiert werden.
Düsseldorf. Entspannte Stimmung im Besuchersaal des Landtags, die meisten Schüler des Leo-Statz-Berufskollegs aus Düsseldorf haben eigentlich frei. Trotzdem sind sie gekommen, um sich die Kampagne „Crash Kurs NRW — Realität erfahren. Echt hart“ anzuschauen. Im Hintergrund laufen zwar schon Sprechblasen mit Meldungen von Verkehrsunfällen über die Leinwand, doch beachtet werden sie kaum.
Das ändert sich mit Beginn der Veranstaltung. Denn eine Polizistin, ein Rettungssanitäter, ein Feuerwehrmann und ein Unfallseelsorger beginnen, die Meldungen mit Geschichten zu füllen. „Es war an einem Sommertag 2008 und ich hatte 24 Stunden Dienst, als es angefangen hat, zu nieseln“, berichtet Rettungsassistent Tim Schneider, der inzwischen hauptberuflich als Polizeikommissar arbeitet.
Detailliert erzählt er von dem Unfall in Düsseldorf, bei dem ein 18-Jähriger ums Leben kam, gibt dem Opfer einen Namen und einen Geruch. „Marc hatte sich fertiggemacht, um in die Stadt zu fahren. Darum roch der Krankenwagen ausnahmsweise gut — nach seinem Parfüm“, erzählt Schneider. Parallel zeigt er ein Foto, wie der Krankenwagen nach dem Unfall aussah. Die Trage ist voller Blut. „Das kam alles aus seinem Kopf.“
Namen, Alter, dazu die Bilder — all das schafft Nähe zu den Opfern, ermöglicht es den Schülern, sich in ihnen wiederzuerkennen. Die Redner geben den Berichten eine weitere Dimension, indem sie schildern, wie sie am Unfallort ankamen, was sie taten, um Leben zu retten, warum es nicht gelang und wie sie das Gesehene verarbeiteten. Oder im Falle des Notfallseelsorgers: Wie er den Angehörigen die Nachricht vom Tod ihres Sohnes überbringen musste.
„Das hat mich schon getroffen“, sagt Kevin Wittgen. Der 22-Jährige findet die Veranstaltung sinnvoll: „Die Gefahren werden einem ins Gedächtnis geholt.“ Die vergessen vor allem Fahranfänger zwischen 18 und 24 Jahren oft. „Die Gruppe ist überproportional häufig an Unfällen beteiligt, deshalb gilt ihnen unser besonderes Augenmerk“, sagt NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD). Mit der Kampagne will er Jugendliche für das Thema sensibilisieren. Das gelingt vor allem durch die Betroffenen, die sich von den Zuhörern wünschen, dass „keiner von euch bei mir im Rettungswagen liegt“.
Eigentlich ist die Kampagne für 16- bis 19-jährige Schüler gedacht. Doch auch bei den Älteren zeigt sie ihre Wirkung: „Man kennt das ja, dass man aufs Handy guckt“, erzählt Stephan Gundlach, „die Freisprechanlage schalte ich nicht immer ein.“ Das will der 21-Jährige ändern: „In Zukunft ist die immer an.“