8. März ist internationaler Frauentag Cybergewalt: Frauen werden zu nervlichen Wracks

Cybergewalt dringt in alle Lebensbereiche ein. In der Anonymität des Netzes kann subtiler und nachhaltiger verletzt werden.

Foto: dpa

Düsseldorf. Früher war zwar nicht alles besser, aber zumindest weniger kompliziert: Wenn Mann Frau denunzieren wollte, „dann klebte er Plakate mit dem Text, dass sie zu mieten sei, in dem Stadtteil, in dem sie wohnt. Die Plakate konnte sie wieder abnehmen“, erzählt Luzia Kleene. Heute vervielfältigt er seine Hetze über tausend Kanäle im Internet. „Das zu beheben, ist zeitraubend und mühselig“, erklärt die langjährige Mitarbeiterin der Düsseldorfer Frauenberatungsstelle.

Foto: Arend

Cybergewalt gegen Frauen, erklärt die 54-jährige Sozialpädagogin, „bedeutet jegliche Form von Übergriffen über eines der neuen Medien; von der SMS, über Programme bis hin zum Handy, wo zum Beispiel intime Bilder veröffentlicht werden, die Frau bloßstellen, oder zur App, mit der Frau kontrolliert wird“. Hier wird gestalkt, gemobbt, werden gezielt netzaktive Frauen angefeindet, damit diese sich aus dem Netz zurückziehen.

Kleene nennt Zahlen: „Stalking und Mobbing machen in etwa zehn Prozent unserer langfristigen Beratungsfälle im Jahr aus.“ Im realen und ebenso im digitalen Leben, wo sich die Gewaltausübung nahtlos fortsetzt. Laut Kriminalstatistik werden Männer mehr Opfer von Körperverletzung bei Schlägereien. Wo es um intimere, nähere Gewalt geht, sind dagegen mehr Frauen betroffen.

Weil die Anonymität des World Wide Web es erschwert, die Täter zu fassen, können diese hier subtiler, umfassender und nachhaltiger verletzen. Kleene sagt: „Zwar wird nicht körperlich Gewalt ausgeübt, wohl aber emotional und sozial.“ Die Gewalt dringt in alle Lebensbereiche der Frauen, verfolgt sie und macht sie zu nervlichen Wracks.

Warum sind vor allem Frauen Opfer? Luzia Kleene erklärt: „Sie nutzen das Netz zwar genauso rege wie Männer, aber letztere sind technikaffiner.“ Frauen tauschen sich aus, wollen einfach Bilder posten, Männer dagegen schauen, was machbar ist, entdecken so auch Programme, mit denen sie anderen schaden können.

Eine entscheidende Rolle spielt dabei die massenhafte Verbreitung des Handys. „Das nimmt dramatische Formen an“, weiß Luzia Kleene: „Da sitzt dann eine völlig verängstigte Frau in der Beratungsstelle, die hanebüchene Geschichten erzählt, vom Ex-Partner, der nach jedem Beratungstermin vor der Tür wartet oder ihr eine SMS schickt, in der steht, was sie gerade in der Beratung gesagt hat. Das ist höchst gruselig.“ Vorzeigbare Wunden sind leichter zu verstehen, zu heilen, der Täter einfacher dingfest zu machen. So hilft manchmal nur, das Handy auszustellen oder wöchentlich die Handykarte zu wechseln. Und eine SMS mit einer Hassbotschaft auszudrucken, um den Täter zu belangen. Wenn frau diese nicht aus Scham gelöscht bereits hat.