Nach kritischem Brief Das Jubiläumsfest der widerständigen Priester

Zweieinhalb Wochen nach ihrem kritischen Brief feiern die Verfasser Messe in der Düsseldorfer Maxkirche.

50 Jahre im Priesteramt — und immer wieder hadernd mit ihrer Kirche: In der Düsseldorfer Maxkirche kam Freitagabend auch der offene Brief der Jubilare noch einmal zur Sprache.

Foto: Sergej Lepke

Düsseldorf. 16 junge Männer waren sie damals, am 27. Januar 1967, bei der Priesterweihe durch Josef Kardinal Frings im Kölner Dom. Auf den Tag 50 Jahre später sind sie nicht mehr komplett, als sie durch die Seitenpforte in die Maxkirche inmitten der Düsseldorfer Altstadt einziehen. Priesterjubiläum. Ein Festtag.

Damals seien sie immer ein freches Semester gewesen, sagt Willi Hoffsümmer (75), in seiner Anfangszeit Kaplan in Düsseldorf und heute auch ein anerkannter Buchautor. „Wir hatten schon die 68er im Blut.“ Sie haben ihre Kirche geliebt und mit ihr gelitten und ihre Kritik immer wieder öffentlich gemacht. „Aber es hat sich nichts geändert und es wird sich auch nichts ändern.“

Zweieinhalb Wochen ist es her, dass elf von ihnen es noch einmal versucht haben. „Sieben Wegweiser in die Zukunft“ war der öffentliche Brief überschrieben. Eine Art Bilanz und Ausblick nach 50 Jahren Priestertum in der katholischen Kirche. Von enttäuschten Hoffnungen ist die Rede, von einer fehlenden Begeisterung für das Evangelium, vom Mangel an jungen Familien in den Reihen der Kirche.

Sieben Wegweiser in die Zukunft der Kirche führt der Brief auf. Die Sprache müsse zeitgemäßer werden. Begabungen sollen sich innerhalb der Kirche freier entfalten können. Die Zulassung von Frauen zu den Weiheämtern wird eingefordert und die Abendmahlsgemeinschaft aller getauften Christen. Großpfarreien werden als Zumutung gegeißelt und Maßnahmen gegen das Gemeindesterben eingefordert. Und dann, natürlich, das ewige Thema des Zwangszölibats. Er führe immer wieder zu „fruchtloser Vereinsamung oder/und hilfloser Arbeitshetze“. Eine spirituelle Quelle in der Seelsorge setze er dagegen selten frei.

An der öffentlichen Resonanz auf den Brief mag es liegen, dass zwar hundert Gäste angemeldet waren, aber bald doppelt so viele in die Maxkirche gekommen sind — und das Fernsehen dazu. Stadtdechant Ulrich Hennes sagt, er habe noch nie so viele Menschen an einem Priesterjubiläum teilnehmen sehen. „Aber es gab auch selten einen so bekannt gewordenen Weihekurs.“

Einen Kurs, der sich auch in der Dankmesse nicht handzahm gibt. „Wir aber gehören nicht zu denen, die zurückweichen“, wird der Hebräerbrief zitiert, ehe das Gleichnis von der still wachsenden Saat folgt. Die vier kurzen Einlassungen dazu atmen den widerständigen Geist der alt gewordenen Priester. „Auch im Winter wächst die Saat“, zitiert Winfried Jansen den Theologen Karl Rahner. „Wie sehr würde ich mich freuen, wenn unsere gebeutelte Kirche noch mal einen Frühling erlebte“, fleht Hoffsümmer. „Mag die Kirche einem noch so viele Steine in den Weg legen, man kann auch aus diesen Steinen etwas Vernünftiges bauen“, tröstet Heinz Schmidt.

Am schärfsten aber fällt Josef Rings Part aus: „Die Botschaft Jesu ist fantastisch, die Kirche weniger“, zitiert der 80-Jährige seine eigene, zehn Jahre alte Abschiedsansprache. Der Zölibat sei nicht biblisch und auch nicht von Jesus eingesetzt, sondern von der Kirche. „Die Zölibatsverpflichtung ist kontraproduktiv.“

Und als müsse er das Aufbegehren seines Jahrgangs noch nachträglich legitimieren, schiebt der ehemalige Neusser Pfarrer hinterher: „Die Zeit von Macht und Prunk und Gehorsam ist vorbei.“ Denn in der aus seiner Sicht veränderungsresistenten Kirche gebe es einen Lichtblick: „Hoffentlich bleibt uns unser Papst Franziskus noch lange, lange erhalten.“ Applaus brandet auf.

50 Jahre Priestertum, abgewetzt am täglichen Kleinklein des Kirchenlebens. Aber aus der Müdigkeit blitzt noch der alte Streitwille hervor: Als die Besucher die Kirche ins Dunkel verlassen, bekommen sie den Brief in die Hand gedrückt.