Das Schwimmen geht baden
Viele Schulen und Vereine können keinen Schwimmunterricht anbieten. Die DLRG sieht darin eine große Gefahr.
Düsseldorf. Die Zahlen lesen sich dramatisch. Seit 2007 wurden in NRW 83 Schwimmbäder geschlossen, 114 weitere sind bedroht. Dem gegenüber stehen gerade einmal 19 Sanierungen und sechs Neubauten. Gerade in den klammen Kommunen des Ruhrgebiets und den ländlichen Bereichen wird es immer schwieriger, schwimmen zu lernen. Bei der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) sieht man auf lange Sicht die Schwimmfähigkeit der Deutschen in Gefahr.
„Weniger Bäder bedeutet auch weniger Ausbildung zum Schwimmen“, sagt DLRG-Ehrenpräsident Klaus Wilkens (Foto). Denn durch die abnehmende Zahl der Schwimmbäder bleibt in den übriggebliebenen Hallenbädern immer weniger Wasserzeit für Vereine wie die DLRG oder den Deutschen Schwimm-Verband (DSV), die jungen Menschen das Schwimmen beibringen. Auch auf den Schwimmunterricht in den Grundschulen hat das Schwimmbadsterben gravierende Auswirkungen. Konnten 2004 noch rund zwei Drittel aller Grundschüler nach der vierten Klasse sicher schwimmen, war es 2010 schon nur noch jeder zweite.
„Da sind ganz klar abnehmende Tendenzen vorhanden“, sagt DLRG-Sprecher Martin Janssen. Die wachsende Zahl der Nichtschwimmer bei den Grundschülern sieht die DLRG besonders kritisch, da nach der Grundschule die Schwimmlehrzeit in der Regel abgeschlossen ist. Janssen: „Danach lernen nur noch etwa vier Prozent aller Nichtschwimmer schwimmen.“
Der Grund für das Schwimmbadsterben ist schlicht finanziell bedingt. Viele Kommunen können sich die meist auf Zuschussbasis betriebenen Bäder immer seltener leisten. Dazu sind viele Bäder mittlerweile so alt, dass der Betrieb übermäßig teuer ist. Wird dann ein Bad geschlossen, setzt das eine Kettenreaktion in Gang: „Jedes Bad, das geschlossen wird, hat Folgewirkungen“, sagt Martin Janssen. Das Interesse, Schwimmen zu lernen, sei zwar nach wie vor hoch. Es fehle aber schlicht an Kapazitäten, da immer mehr Vereine und Schulen in die übrigen Bäder drängen würden.
Die Folge: enorme Wartezeiten für angehende Schwimmschüler. „Wir haben Ortsgruppen, da gibt es Wartezeiten von bis zu 24 Monaten“, sagt Janssen. So zum Beispiel in Langenfeld im südlichen Kreis Mettmann. „Ungefähr ein Jahr beträgt die Wartezeit“, sagt Susanne Mey. Doch sie will nicht klagen: „Wenn ich mich so umhöre, geht es uns sehr gut“, sagt sie. Im benachbarten Düsseldorf sehe die Lage schon ganz anders aus. Gerade aus dem Düsseldorfer Süden kämen viele der Mitglieder der Langenfelder Ortsgruppe. „Dort ist es etwas knapper“, sagt sie.
Doch was tun, in Zeiten klammer kommunaler Kassen? Beim DLRG ist man seit einigen Jahren dazu übergegangen, Patenschaften für Bäder zu übernehmen und ehrenamtlich Personal zu stellen. Ein System, mit dem auch durch das Engagement von Vereinen in Wuppertal mehrere Bäder vor dem Aus bewahrt werden konnten.
Zwar sieht DLRG-Ehrenpräsident Klaus Wilkens das nicht als Optimallösung an, im Interesse der Sache sei man aber häufig dazu gezwungen. Denn Schwimmen hat nach wie vor einen hohen Stellenwert für die Deutschen. Immerhin 87 Prozent der Befragten einer im Auftrag der DLRG durchgeführten Studie erklärten, ihr Schwimmbad um die Ecke sei ihnen „wichtig“ oder „sehr wichtig“.