Das Strahlen der Atomgegner

Anne Lund hat 1975 die rote Sonne mit dem bekannten Slogan entworfen. Heute erfährt das Logo neue Popularität.

Aarhus. Vor der Haustür ein kleines Auto mit extrem niedrigem Benzinverbrauch, hinter dem Häuschen ein wunderbarer Fahrradweg an einem See entlang — und zur Begrüßung ein Lächeln so freundlich wie das ihrer berühmten roten Anti-Atomkraftsonne.

Die Dänin Anne Lund aus Brabrand bei Aarhus ist wieder in aller Munde, seit die Atomkatastrophe im japanischen Fukushima dem von ihr 1975 entworfenen Symbol der Atomkraftgegner zu gewaltiger neuer Popularität verholfen hat. „Atomkraft? Nej tak“ gilt für Lund nach 36 Jahren unverändert.

„Der Auslöser für die Aufmerksamkeit ist traurig, aber ich freue mich sehr über die große Aufmerksamkeit in Deutschland für Atomkraftprobleme“, sagt die 57-Jährige. Heute unterrichtet die Volkswirtin an der Universität in Aarhus, vor 36 Jahren war sie dort als Studentin in der dänischen Anti-Atomkraftorganisation OOA aktiv. „Von Grafik hatte ich null Ahnung. Und die Sonne war nur eine von ganz vielen unserer Aktivitäten“, berichtet sie und kramt nach einer der ersten Entwurfsskizzen in ihren Pappkästen: „Professionell war das ganz bestimmt nicht.“

In Dänemark selbst haben die Atomkraftgegner ihre Organisation im Jahr 2000 mit einer Begründung aufgelöst, von der Gleichgesinnte in Deutschland, Japan, Russland und vielen andern Ländern träumen: „Die Auflösung wurde beschlossen, weil die OOA ihre wichtigsten Ziele erreicht hat.“

1985 hatte das Kopenhagener Parlament endgültig beschlossen, alle Pläne für Atomkraftwerke zu den Akten zu legen. 1999 stand dann fest, dass Schweden das nur 20 Kilometer von Kopenhagen entfernte Atomkraftwerk Barsebäck für immer schließt.

Seitdem macht das kleine Dänemark eher von sich reden, weil die Windenergie dort viel stärker angewandt wird als anderswo. Lund findet das gut, kritisiert aber auch die eigene Regierung in Kopenhagen, weil sie bei den nachhaltigen Energien in den letzten Jahren „leider stark gebremst hat.“ Heute beschäftige sie die Klimaproblematik. „Es war traurig, wie der Klimagipfel bei uns in Kopenhagen vor anderthalb Jahren vor die Wand gefahren wurde. Aber man muss weitermachen.“

Um mehr über die Katastrophe in Fukushima zu erfahren, geht Anne Lund auf deutsche Internet-Seiten, weil die „ausführlich und auf hohem Niveau informieren“. Das heimische Fernsehen fahre hingegen „eine beruhigende Linie“ und zitiere zum Beispiel kritikfrei die Atom-Agentur IAEA, obwohl die „erwiesenermaßen eine Interessenorganisation für die Atomindustrie ist“.

So schlimm wie Tschernobyl sei Fukushima wohl nicht. „Aber wenn ein so hochmodernes und stark bevölkertes Land wie Japan diese Katastrophe überhaupt nicht beherrscht, ist doch klar, dass wir in Westeuropa oder in den USA das auch nicht könnten.“