In Fukushima erster Erfolg im Kampf gegen Leck
Tokio (dpa) - In ihrem verzweifelten Kampf gegen ein Leck an der Atomruine Fukushima verbuchen die japanischen Arbeiter erste Erfolge. Die Menge an ausströmendem verstrahltem Wasser habe sich verringert, berichteten japanische Medien am Dienstag unter Berufung auf den Betreiber Tepco.
Nach mehreren gescheiterten Versuchen half nun offenbar ein Abdichtmittel auf Basis von Flüssigglas, das die Arbeiter in den betreffenden Kanalschacht gegossen hatten. Die Strahlung im Meer ist stark erhöht. Die europäischen Grenzwerte für Nahrungs- und Futtermittel aus Japan sollen strenger werden.
Am Dienstag waren Messergebnisse vom Samstag bekanntgeworden, wonach die Jod-Konzentration im Meer vor Reaktorblock 2 um das 7,5-Millionenfache über den zulässigen Grenzwerten liegt. Das bisher unkontrolliert ins Meer strömende, hoch radioaktiv verseuchte Wasser stammt vermutlich aus Block 2, in dem die Brennstäbe teilweise geschmolzen waren. Um das Wasser endgültig zu stoppen, sollte weiteres Abdichtmittel in den Schacht gekippt werden, meldete der Fernsehsender NHK.
Die japanische Regierung legte neue Grenzwerte für die Strahlenbelastung bei Fischen und Meeresfrüchten fest und kündigte schärfere Kontrollen an. Für Jod gilt eine Obergrenze von 2000 Becquerel pro Kilo, berichtete die Nachrichtenagentur Kyodo. Bei Cäsium beträgt dieser Wert 500 Becquerel. Zuvor waren im Meer vor der Präfektur Ibaraki südlich von Fukushima Fische gefunden worden, die stärker belastet waren.
Die europäischen Strahlengrenzwerte für Nahrungs- und Futtermittel sollen an die strengeren japanischen angepasst werden, kündigte EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso in Straßburg an. „Ich möchte aber betonen, dass es sich hierbei nur um eine vorbeugende Maßnahme handelt“, sagte Barroso vor dem Europaparlament. Ziel sei es, einheitliche Standards für alle EU-Lebensmittelimporte zu schaffen. Die strengeren Grenzwerte sollen vorübergehend gelten, bis wissenschaftliche Untersuchungen belegen, dass sie nicht mehr notwendig sind. Sie könnten schon in der kommenden Woche in Kraft treten.
In Fukushima versuchen die Helfer, mit immer neuen Methoden den Wassermassen auch in anderen Teilen der Atomanlage zu begegnen. Tepco braucht dringend Auffangmöglichkeiten für das Wasser, das zum Kühlen in die Gebäude geleitet wurde und sich dort nun angesammelt hat. Die Behörden gehen davon aus, dass inzwischen 60 Millionen Liter der Strahlensuppe im Keller der Reaktorgebäude sowie in unterirdischen Kanälen stehen. Das Wasser behindert die Bemühungen, die Atomruine in den Griff zu bekommen.
Helfen soll ein Tankfloß, das bis zu 10 Millionen Liter an radioaktiv verseuchtem Wasser aufnehmen können soll. Es wird derzeit in eine Werft in der Tokioter Nachbarstadt Yokohama gezogen. Dort soll es für den Einsatz an der Atomruine umgebaut werden, wie die Nachrichtenagentur Jiji Press berichtete. Das stählerne Tankfloß werde voraussichtlich nach dem 16. April in Fukushima eintreffen. Bisher diente es im Hafen der Stadt Shimizu in der Provinz Shizuoka als schwimmende Insel für Angler.
Hilfe versprechen sich die Arbeiter auch von Spezialschiffen der US-Marine sowie von behelfsmäßigen Tanks. Außerdem ist die Rede von Barrieren, die im Meer vor Fukushima verhindern sollen, dass sich vergiftetes Wasser unkontrolliert im Pazifik ausbreitet. Dabei handelt es sich um eine Art Vorhang, wie er auch bei Ölverschmutzungen zum Einsatz kommt. Der Vorhang wird am Meeresboden mit Gewichten beschwert. Allerdings ist ungewiss, ob diese Methode gegen radioaktive Substanzen wirkt.
Der Kraftwerksbetreiber Tepco pumpt weiterhin leicht belastetes Wasser in den Ozean, um in den bereits bestehenden Tanks Platz für wesentlich stärker verstrahltes Wasser zu schaffen. Insgesamt sollen 11,5 Millionen Liter abgelassen werden.
Regierungssprecher Yukio Edano verteidigte erneut die Aktion, die am Montag begonnen hatte und voraussichtlich bis zu diesem Wochenende dauern soll. Sie sei nötig, damit nicht stärker strahlendes Wasser ins Meer gelange. Die Aktion verletzte keine internationalen Vereinbarungen. Die Regierung im nahe gelegenen Südkorea zeigte sich aber angesichts möglicher Gefahren für Gesundheit und Umwelt besorgt. Die Menschen aus der Gegend um Fukushima können sich derweil auf erste Entschädigungszahlungen einstellen. Das Geld könnte zum Monatsende fließen - wie viel, ist aber noch unklar. Über die Höhe will sich Tepco mit der Regierung beraten, wie Kyodo unter Berufung auf den Konzern berichtete. Rund 80 000 Anwohner der Atomruine hatten sich auf Weisung des Staates in Sicherheit bringen müssen.