Das Volk könnte entscheiden
Wenn der Gesetzgeber nicht handelt, kann der Bürger den Nichtraucherschutz in die Hand nehmen.
Düsseldorf. Nachdem sich die Bayern in einem Volksentscheid dafür ausgesprochen haben, das Qualmen in Gaststätten, Kneipen und Bierzelten ausnahmslos zu verbieten, kommt auch in Nordrhein-Westfalen wieder Bewegung in die Debatte.
Signale, das Landesgesetz zu verschärfen, gab es am Montag bereits von den künftigen rot-grünen Koalitionspartnern. Würde die Politik selbst nicht aktiv, gäbe es auch in NRW die Möglichkeit eines Volksentscheids auf Landesebene. Laut Verfassung gibt es dafür ein dreistufiges Verfahren. Im ersten Schritt kommt es zum Volksbegehren. Unterstützen mindestens acht Prozent der Wahlberechtigten den Gesetzentwurf, ist der Landtag an der Reihe. Stimmen die Politiker dem Gesetz zu, tritt es in Kraft. Lehnen sie es ab, kommt es zum Volksentscheid. Stimmt die Mehrheit der Bürger mit Ja und sind dies mindestens 15 Prozent der Stimmberechtigten, würde der Wille des Volkes Gesetz.
Einen Volksentscheid gab es in NRW noch nie. Auch gab es bisher erst zwei Volksbegehren: 1974 scheiterte ein Begehren gegen die kommunale Neugliederung, 1978 stoppten die Bürger die Pläne der Regierung für eine kooperative Schule aus Haupt-, Realschulen und Gymnasien.
Junge Eltern, die Raucher sind und sich verantwortungsbewusstverhalten, rauchen zu Hause nicht. Um ihr Kind zu schützen. Weil siewissen, dass auch das Passivrauchen die Gesundheit gefährdet und sogarLeben kostet. In der Öffentlichkeit hingegen lassen dieselben Menschenoft jedes Verantwortungsgefühl vermissen. Das Argument, es müsse janiemand in die Raucherkneipe gehen, zieht nur begrenzt. Denn was istmit Gastronomie-Mitarbeitern, die sich dem Dunst nur um den Preis desJobverlusts entziehen können? Sie dürfen nicht Arbeitnehmer zweiterKlasse sein.
Auch NRW hat ein Nichtraucherschutzgesetz, gewiss doch. Aber was füreines! Raucherclub grenzt an Raucherclub. Was als Ausnahme gedacht war,wurde zur absurden Regel. Kontrolle: Fehlanzeige. DerNichtraucherschutz ist kaum mehr als heiße Luft. Trotzdem jammert dieRaucherlobby über das Rauchverbot. Die Strategie ist durchsichtig: Mitdem Negativbegriff "Verbot" soll die Gegenseite in die Defensivegedrängt werden. In Wahrheit geht es um Positives: um denNichtraucherschutz, um die Gesundheit.
Das totale Rauchverbot in bayerischen Gaststätten bedeutet für vieleWirte ein Gewerbeverbot. Jetzt braucht nur noch die Schankerlaubnisentzogen zu werden - Alkohol dürfte ja das nächste Ziel vonVolksabstimmungen werden - und sie können ihren Laden dicht machen.
Die Art, wie der Volksentscheid zustande kam, gleicht einembayerischen Bauerntheater, wo meist irgendwer über den Tisch gezogenwird. Von 9,4Millionen Wahlberechtigten haben gerade mal 2,1 Millionenfür das Rauchverbot gestimmt - das ist rund ein Viertel und keineabsolute Mehrheit. Die in Aktionsbündnissen versammeltenselbsternannten Nichtraucherschützer verkaufen das Ergebnis als "Stimmedes Volkes".
Das Rauchen war bislang eine freie Entscheidung eines jedenMenschen. Aus Rücksicht auf die Nichtraucher haben diese auch ohneMurren ihre Raucherkneipen aufgesucht. Damit soll jetzt Schluss sein,die deutsche Manie der Bevormundung hat gesiegt. Die Initiatoren dieserNichtraucheraktion sehen das anders: Das Rauchen werde ja nichtverboten, nur ins Freie verlagert - wie höhnisch!