Den Richtigen gebützt
Suse und Bernd Christoph lernten sich im Karneval kennen. Vor kurzem kam ihr zweites Kind zur Welt.
Düsseldorf. Die Wirkverstärker für die Stimmung in den Karnevalshochburgen sind am Sonntag zweifellos die tollen Kostüme - wer da richtig schön verkleidet ist, bleibt sicher nicht lang allein. Denn: Der Jeck an sich ist ein Herdentier. Da finden sich am Sonntag in den Innenstädten von Düsseldorf, Köln und Krefeld beste Freunde im Minutentakt. Zwar enden die meisten Freundschaften schon vor dem Sonnenaufgang, doch manchmal halten sie über Aschermittwoch hinaus.
So wie bei Suse und Bernd Christoph (beide 33). Die Wuppertalerin und der Münchener haben sich vor sechs Jahren im Karneval in der Düsseldorfer Altstadt kennengelernt. Heute sind sie verheiratet und haben zwei Kinder. Hanna (3) und Moritz (vier Wochen). "Im Prinzip war es absoluter Zufall, dass wir uns im Karneval getroffen haben. Vor allem, da ich Wuppertalerin bin", sagt Suse Christoph. "Schließlich stehen wir ja nicht im Ruf, besonders karnevalsjeck zu sein."
Als Pippi Langstrumpf verkleidet zog sie mit drei Freundinnen los. Noch nicht ganz in der Altstadt angekommen, stürzten schon drei als Mönche verkleidete Männer auf sie zu. "Ja, das weiß ich noch genau", erinnert sich Bernd Christoph. "Wir sahen die drei Mädels und haben direkt gedacht, dass wir uns die doch mal krallen." Weit gefehlt, denn zunächst mussten die Jungs aus Bayern einen Schnellkurs in Sachen rheinischem Frohsinn machen. So lernten sie direkt, dass es hier "Karneval" und nicht "Fasching" heißt.
"Uns war das egal. Als die Mädels mit uns quatschten, war klar: der Ausflug ins Rheinland hatte sich gelohnt. Seit Jahren wollten wir einmal das Rheinland im Karneval erleben. Also hatten wir Urlaub genommen und sind losgefahren", erinnert sich der 33-Jährige. Bis in den frühen Morgen zogen dann drei Mönche, eine Pippi Langstrumpf und zwei nicht ganz so jeck verkleidete Mädels durch die Straßen.
In dem ganzen Trubel verlor Suse zunächst ihre Hemmungen und schließlich den kompletten Inhalt ihrer Handtasche. Dafür fand sie aber näher zu Bernd. "Okay, das ein’ oder andere Bier war daran nicht ganz unschuldig", sagt sie. Aber richtig sympathisch sei er ihr von Anfang an gewesen.
Nach anstrengender Rückfahrt mit dem Zug kamen die drei Frauen früh am Morgen ziemlich derangiert in Wuppertal an. "Da wurde mir erst wieder bewusst, dass ich ja nicht nur mein Portmonee, sondern auch meinen Haustürschlüssel verloren hatte", sagt die 33-Jährige. Denn beides war in ihrer Handtasche. Was folgte, war eine Odyssee durch Wuppertal. "Zu Fuß oder per Anhalter, aber immer mit viel Promille", sagt Suse und lacht. Die drei waren auf der Suche nach einer Bleibe, denn ihre Freundinnen hatten alle Schlüssel bei Suse gelassen - um sie nicht zu verlieren.
Schließlich kamen sie bei einer Freundin unter, die sie aus dem Bett klingeln konnten. "Das mag jetzt komisch klingen, aber alles, was ich noch bei mir hatte, war der Zettel mit der Telefonnummer, die mir Christoph zugesteckt hatte." Anrufen musste sie ihn jedoch nicht, denn mittags kam schon seine SMS mit der Frage, wie es ihr gehe. In den Wochen danach folgten lange Telefonate und viele Gedanken, die sich die Beiden über eine mögliche gemeinsame Zukunft machten. "Schließlich trennten uns rund 800 Kilometer", sagt Suse Christoph. Zudem hatte sie eine feste Stelle als Sozialpädagogin im Wichernhaus, einer sozialen Einrichtung in Wuppertal. Christoph arbeitete als Rettungssanitäter.
"Als wir uns dann über Ostern das erste Mal wiedergesehen hatten, stand für uns fest, dass wir füreinander bestimmt sind", sagt die 33-Jährige. Acht Monate später zog Bernd zu ihr nach Wuppertal, und vor etwas über einem Jahr haben sie geheiratet.
Beruflich hat es sie nun vor kurzem nach Dachau geführt. "Aber gerade jetzt, an Karneval, fehlt mir das Rheinland doch", sagt Suse Christoph. Ihrem Mann reichte da der eine Abstecher in den närrischen Frohsinn.