Düsseldorf Der Austausch über Alzheimer schafft Erleichterung

Dirk Albrecht von der Rudi-Assauer-Initiative über das Tabu Demenz, Entlastungsangebote und die Bedeutung von Gesprächen.

Mit dem Projekt „Edition 12—21“ wirbt die Düsseldorfer Kunstszene für ihre Stadt. Der Reinerlös fließt an die Assauer-Initiative.

Foto: Fotomontage: Stephan Kaluza

Düsseldorf. Seit 1. Dezember ist die Fassade der Düsseldorfer Kunsthalle Projektionsfläche für das Kunstprojekt „Edition 12—21“ (s. Kasten). Die Aktion unterstützt die Rudi-Assauer-Initiative, die sich für das Thema Alzheimer engagiert. Dirk Albrecht vertritt die Initiative.

Herr Albrecht, welche Rolle spielt Alzheimer innerhalb der Demenzerkrankungen?

Dirk Albrecht: Die Alzheimer-Krankheit macht unter den Demenzerkrankungen den größten Anteil aus. Derzeit gibt es in Deutschland rund 1,5 Millionen Demenzkranke. Etwa 60 bis 70 Prozent davon sind Alzheimer-Patienten. Über 300 000 Neuerkrankungen kommen jedes Jahr dazu.

2012 wurde die Alzheimer-Krankheit des früheren Schalke-Managers Rudi Assauer bekannt. War das Thema damals wirklich noch ein Tabu?

Albrecht: Das würde ich schon sagen. Natürlich ist auch vor vier Jahren schon über Demenz gesprochen worden. Aber ein Tabu entsteht, wo der Einzelne in seinem engen Umfeld nicht über die eigene Erkrankung oder die eines Angehörigen sprechen kann oder will. Darum hatte Rudi Assauers Mut, so offen darüber zu sprechen, eine große Bedeutung. Vielen Menschen, denen es nicht leicht fiel, über Alzheimer zu sprechen, diente er als Vorbild. Denn der Austausch schafft Erleichterung.

Zwei Jahre später ist Til Schweigers Tragikomödie „Honig im Kopf“ mit Dieter Hallervorden in einer der Hauptrollen erschienen. Ein weiterer Meilenstein?

Albrecht: Gerade „Honig im Kopf“ hat unglaublich viele Menschen erreicht. Und das Aufgreifen des Themas ist so wichtig, weil damit die Angstschwelle kontinuierlich sinkt und diese Beispiele Mut machen.

Gibt es zu wenig Entlastungsangebote?

Albrecht: Unzählige Institutionen, darunter auch Kommunen, bemühen sich, Netzwerke zu schaffen. Es bestehen vielfältige Angebote von ambulanten Pflegediensten und Selbsthilfeorganisationen, die meist ehrenamtlich geprägt sind. Aber all diese Angebote werden erst in Anspruch genommen, wenn die Betroffenen bereit sind, sich untersuchen zu lassen und die mögliche Diagnose anzunehmen. Manchmal ist die Diagnose auch dazu gut, den Demenzverdacht aus der Welt zu schaffen.

Was hat dann 2013 zur Gründung der Rudi-Assauer-Initiative geführt?

Albrecht: Die Idee geht im Kern auf den Sportmoderator Werner Hansch und den ehemaligen AOK-Vorstandsvorsitzenden und Borussia-Mönchengladbach-Präsidenten Wilfried Jacobs zurück. Die beiden haben die Contilia-Gruppe angesprochen, weil wir in Essen eine Spezialuntersuchung zu Gedächtnisstörungen anbieten und als Betreiber zahlreicher Pflegeeinrichtungen auch eine Kompetenz beim Thema Demenz mitbringen. Ich fand die Idee toll, den Impuls von Rudi Assauer aufzugreifen, damit die Gesellschaft etwas von seinem Beispiel lernen kann. Das Konzept wurde von seiner Familie akzeptiert, sodass die Initiative auch den Namen des Impulsgebers tragen konnte. Im Beirat sitzen Menschen wie Franz Müntefering, Fritz Pleitgen und Regina Schmidt-Zadel vom Vorstand des NRW-Landesverbandes der Alzheimer-Gesellschaften, aber auch medizinische Experten.

Welche Ziele verfolgt die Initiative?

Albrecht: Zum einen die Enttabuisierung der Alzheimer-Krankheit, zum anderen die Erleichterung des Lebens mit einer Demenz. Immer wieder schaffen wir an verschiedenen Orten Kommunikations-Plattformen. Aufgrund des Namengebers der Initiative sind wir mit unseren Veranstaltungen häufig zu Gast in Fußballstadien. Dort berichten Betroffene aus ihrem Alltag und an den Veranstaltungen sind immer Institutionen und Selbsthilfegruppen vor Ort beteiligt. Mit dem von uns jährlich ausgelobten Rudi-Assauer-Preis fördern wir Projekte, die sich vor allem im ehrenamtlichen Bereich um Menschen mit Demenz und deren Angehörige kümmern. Dieses Jahr wird der Preis am 19. Dezember in der Arena auf Schalke verliehen. Das alles wird über Spenden finanziert.

Wie sehen Sie nach drei Jahren die Perspektive der Initiative?

Albrecht: Das Netzwerk wächst und wir erreichen mit unseren Anliegen verschiedene gesellschaftliche Bereiche. Wir merken, wie viel mehr Gespräche über Alzheimer und Demenz zustande kommen und wie viel mehr Menschen uns zuhören, weil sie selbst betroffen sind oder einen Beitrag zur Unterstützung leisten wollen. Spenden zu akquirieren, ist natürlich nie einfach. Aber die Akzeptanz und die Bereitschaft zur Mitarbeit steigen. Insofern ist die Initiative auf einem guten Weg.

rudi-assauer-initiative.de