Der Goldtraum der Keller-Kinder
Olympia: Natascha und Florian Keller entstammen einer Hockey-Dynastie und sind in Peking beide auf Medaillenkurs.
Peking. Die Sportwelt raunt schon vom Hockey-Gen. Denn das Spiel mit dem langen Schläger hat bei der Berliner Familie seit den Tagen von Großvater Erwin sportliche Tradition. Nun wollen die Geschwister Natascha und Florian neuen Glanz in die Medaillensammlung bringen: Beide stehen mit ihren Mannschaften in den Hockey-Halbfinals von Peking. "Woran es wirklich liegt, ist eine gute Frage", entgegnet die Olympiasiegerin von Athen, wenn es um die Hockey-Affinität der Kellers geht.
Dabei hatte sich Natascha zunächst dem Tennis verschrieben. Mehrfach wurde sie Berliner Kindermeisterin, mit 13 Jahre wechselte sie doch zum Hockey: "Ich habe mich bewusst für einen Mannschaftssport entschieden. Ich drängle mich nicht vor und muss nicht im Mittelpunkt stehen. Andererseits: Wenn ich beim Tennis geblieben wäre, wären wir heute vielleicht alle Millionäre." Zwei Jahre später hatte sie ihren ersten Einsatz in der Hockey-Bundesliga und wurde auf An- hieb Torschützenkönigin. Mit 22 Jahren wurde sie zur Welthockeyspielerin. Vor ihren vierten olympischen Spielen sagte sie: "Alles andere als eine Medaille wäre eine Enttäuschung."
Ihr Bruder Florian wurde 1999 mit 17 Jahren Hockey-Europameister. Nach der EM 2004 erlitt er einen Bandscheibenvorfall, wollte sich zudem auf seinen Beruf als Versicherungskaufmann konzentrieren und zog sich aus der Nationalmannschaft zurück. Zwei Jahre hielt er das durch.
Ursprünglich hatte er mit seiner Schwester Natascha die Allianz-Versicherungsagentur seines Vaters weiterführen wollen. Nach Umstrukturierungen und drastischen Kürzungen bei kleineren Agenturen "war uns aber das finanzielle Risiko zu groß".
Sein neuer Arbeitgeber ermöglicht ihm vollen sportlichen Einsatz, Keller muss erst mittags am Schreibtisch sitzen. Der Rückkehr in die Nationalmannschaft ordnete er alles unter: Kein Alkohol, keine Partys - "ich habe in meinem Leben genug gefeiert," sagte er vor Olympia. Auch seine Freundin, die deutsche Fußballnationalspielerin Navina Omilade, musste zurückstecken. Nataschas ehemaliger Trainer Markus Weise holte den Stürmer ins Nationalteam zurück, der an einem guten Tag im Alleingang für den Sieg sorgen kann.
Kommt der Erfolg im Hockey doch von einem Gen? Oder wurden sie vom Vater aufs Feld gezwungen? Er habe seinen Kindern nie Druck gemacht, sagt Vater Carsten, der 1972 mit dem deutschen Team die jahrzehntelange indisch-pakistanische Vormacht brach und mit 68 beachtenswert Tennis spielt. Doch er streitet auch nicht ab, dass es bei Kindern natürlich Spuren hinterlässt, wenn der Vater in jeder freien Minute um den Esstisch herumdribbelt, Macken an Möbeln weniger wichtig findet als einen gelungen Pass und auf dem Balkon zwei gegen zwei spielen lässt.