Der „Hund auf Zeit“ wird zum Geschäftsmodell
Hannover (dpa) - Teilen ist „in“: Nach Autos, Wohnungen und selbst Werkzeugen gilt das nun auch für Vierbeiner. Miethunde erobern als Geschäftsidee den deutschen Markt.
Der Grundgedanke des aus den USA kommenden Modells „Rent-a-dog“ ist einfach: Auf die jeweilige Lebenssituation des Menschen zugeschnitten wird Bello nicht gekauft, sondern für einen bestimmten Zeitraum gemietet. Das Modell, das in den USA und Großbritannien schon seit Jahren erfolgreich ist, ähnelt ein wenig dem Leasing: Der Vierbeiner bleibt wie beim Auto-Mietkauf auch Unternehmenseigentum.
Katrin Rösemeier aus Hessisch-Oldendorf (Niedersachsen) ist seit September 2013 Trendsetter in Deutschland. Sie hat bei Besuchen im Altersheim vor allem alleinstehende, ältere Menschen als Zielgruppe entdeckt. Eine Bremer Tierärztin bestärkte sie bei ihren Plänen. Ihre Leihhunde stammen meist von Besitzern, die sie aus verschiedensten Gründen nicht mehr halten können.
Was bei manchen Tierheimen ehrenamtlich machbar ist - das stundenweise Ausführen von Hunden - wird hier auf eine neue Basis gestellt. Zur Rösemeiers Dienstleistung gehören Futter, Urlaubsbetreuung sowie tierärztliche Pflege - und auch die Versicherung. „Die musste für dieses Geschäftsmodell erst entwickelt werden“, sagt die aus der Werbebranche kommende Jungunternehmerin. Rund 150 Euro kostet ihr Komplettangebot pro Monat für den Leihhund. Hinzu kommt eine einmalige Gebühr von mindestens 500 Euro, die abhängig ist vom Ausbildungsstand des Hundes. Die Hundesteuer ist dabei allerdings nicht inbegriffen.
Für eine „logische Fortsetzung des Sharing-Grundgedankens“ hält das Gesellschaftsforscher Stephan Grünewald vom Kölner Rheingold- Institut - der dabei allerdings auch die individuelle Beziehung „vor die Hunde“ gehen sieht. „Wir erleben einen Paradigmenwechsel, bei dem der verantwortungsvolle Besitz in konsequenzlose Verfügbarkeit umgewandelt wird“, sagt er. Alles werde heute geteilt. Das Gefühl der kompletten Verfügungsgewalt bekomme aber spätestens dann einen Knacks, wenn der Leih-Dackel auch mit anderen Herrchen oder Frauchen Gassi gehe. Grünewald ist überzeugt: „Die psychologische Kehrseite des Ganzen ist die Austauschbarkeit.“
Nach Debatten mit Tierschützern spricht auch Rösemeier nicht mehr von Miethunden, sondern „Partnerhunden auf Zeit“. Über ihr Unternehmen BlueBello hat sie mittlerweile Kunden im ganzen Bundesgebiet: „Das reicht von Stuttgart übers Ruhrgebiet und geht bis ins tiefste Thüringen.“ Ein Stück Lebensqualität gegen die Einsamkeit im Alter sollen ihre Vierbeiner sein - aber ohne die bange Sorge, was mit Fifi im Falle eines längeren Krankenhausaufenthalts passiert.
Bei Besuchen von Seniorenmessen stieß sie auch auf Vorbehalte von Tierschützern, die sich wegen der vielen möglichen Besitzerwechsel sorgen. Das lässt die Jungunternehmerin aber so nicht gelten: „Besser können es Hunde kaum haben: Die älteren Menschen haben viel Zeit für sie und stimmen sogar ihr Leben auf sie ab.“