Der König der Kunstfälscher: „Die sind alle habgierig“
Meisterwerke der Malerei werden nach der Finanzkrise wieder für Millionensummen gehandelt. Doch die Szene ist erschüttert von einem dreisten Fälscherskandal. Einer weiß, wie man den Markt mit falschen Rembrandts und Picassos übers Ohr haut: Der gebürtige Berliner Edgar Mrugalla - der „König der Kunstfälscher“.
Düsseldorf/Berlin. Die Ermittlungen laufen noch aufHochtouren. Mehr als 30 gefälschte Bilder von Expressionisten undKubisten aus einer dubiosen Kunstsammlung „Werner Jägers“ habenErmittler in den vergangenen Wochen in Museen und Galerien im In- undAusland aufgespürt. Der dreiste Fälschungsskandal dürfte einen Schadenim zweistelligen Millionenbereich verursacht haben.
Bei 30 Bildern kann der gebürtige Berliner Edgar Mrugalla nur müdelächeln. Er, der „König der Kunstfälscher“, hat bis zu 3000 Bilder,Grafiken, Radierungen von Rembrandt über Nolde bis Picasso gefälscht.„Vielleicht waren es auch ein paar mehr“, sagt der 72-Jährige, der heute in Düsseldorf bei seiner Tochter wohnt.
Mrugalla löste vor gut 20 Jahren den größten Kunstfälscherskandal derdeutschen Nachkriegsgeschichte aus und wurde 1990 zu einerBewährungsstrafe verurteilt. „45 Staatsanwälte waren in Deutschlandunterwegs und haben aufgeräumt“, sagt er nicht ohne Stolz. EinenGroßteil seiner Kunst-Kopien kassierte die Justiz. „Ich schätze, bis zu1500 Bilder sind aber noch auf Achse“, sagt der Maler mit dem feinenLächeln und der Berliner Schnauze.
Mrugalla, 1938 geboren, verdingte sich im Nachkriegsberlin alsKohlefahrer, Lumpensammler, Preisboxer und Trödelhändler. Das Malenbrachte er sich selbst bei, nachdem ihm ein ausgefuchster Händler einenechten Caspar David Friedrich „für 'nen Appel und n' Ei“ abgekauft hatte und dann auf dem Kunstmarkt einen Millionenbetrag dafür erzielte.
Mrugalla war schon 32, als er als Autodidakt diverse Maltechnikenlernte, und er war penibel. Rund 50 Maler konnte er schließlich aufgeradezu geniale Weise kopieren. Seine Händler, die von ihm immer mehrPicassos, Noldes und Liebermanns verlangten, versorgten ihn mitWerksverzeichnissen, Material und sogar einer Druckerpresse. DieFälschungen wurden „verteilt in alle Kanäle“. Mrugalla flog schließlichauf, weil der Markt mit Picasso-Grafiken überschwemmt wurde.
Im aktuellen Kunstkrimi brachte ein gefälschter Herkunftsaufkleber aufder Rückseite eines vermeintlichen Bildes des rheinischenExpressionisten Heinrich Campendonk die Ermittler auf die Spur. Mrugalla achtete bei seinen Fälschungen seinerzeit peinlich genau darauf, auchNachlassstempel perfekt zu kopieren. Zudem verwendete er„Originalfarbe“. Das Bleiweiß mixte er selbst aus alten Bleirohren. Dass der Campendonk-Fälscher modernes „Titanweiß“ verwendete, „das war derdümmste Fehler“.
„13 Jahre habe ich aktiv gefälscht“, sagt Mrugalla, der heute trotzeines Schlaganfalls und Parkinson-Erkrankung noch an Holzschnitten undIllustrationen zum Alten Testament „in der Art von Chagall“ arbeitet.Reich wurde er nicht, sein Haus an der Nordsee im Raum Dithmarschen, woer seit 1980 die meisten seiner Werke fabrizierte, wurdezwangsversteigert.
Der Kunstmarkt war bereits in den 1980er Jahren unersättlich. „Die sindalle habgierig“, sagt Mrugalla. Und das sei auch der Grund, warum Bilder heute nicht mehr genau genug auf ihre Herkunft geprüft würden. „Es hatSpaß gemacht, die Leute hinters Licht zu führen.“ Expertisen derGutachter für die Fälschungen zu erhalten, war kein Problem. „DieKunsthistoriker haben geschrieben wie die Löwen.“
Dass Fälschungen immer wieder auf den Markt gelangen konnten und Preisein Millionenhöhe erzielen, hat nach Meinung Mrugallas auch „viel damitzu tun, wie die Leute auftreten“. Die kriminellen Kunsthändler hättenein „exzellentes Auftreten“ gehabt, seien aus gutem Hause gewesen,eloquent und immer bestens gekleidet. Der Fälschermarkt funktionierenach zwei Prinzipien: „Entweder bestechen oder einen Freund hinschicken, der ein gutes Auftreten hat.“