Der leise Tod des Film-Ganoven Sieghardt Rupp
Wien (dpa) - Lange Zeit galt Sieghardt Rupp als Inbegriff eines schönen Bösewichts. Als mürrischer „Tatort“-Ermittler und Ganove in zwei Karl-May-Verfilmungen wurde der Österreicher in den 60er und 70er Jahren berühmt.
Auch international konnte er sich einen Namen machen mit Auftritten als Gangster im bekannten Western „Für eine Handvoll Dollar“. Nach Jahrzehnten vor der TV-Kamera und auf Theaterbühnen zog sich Rupp komplett aus der Öffentlichkeit zurück. Nicht einmal sein Tod sollte nach außen dringen.
Fast ein Jahr blieb sein Ableben nun auch geheim. Bereits am 20. Juli 2015 war der gebürtige Bregenzer in einem Krankenhaus in Wien gestorben. Es war sein letzter Wunsch, dass niemand von seinem Tod erfahren sollte. Erst die Recherchen des Filmarchivs Austria für eine Retrospektive zum 85. Geburtstag des Mimen brachte die Wahrheit an den Tag.
Rupp, der seine Karriere nach einer Ausbildung am renommierten Max-Reinhardt-Seminar am Theater begonnen hatte, wurde 84 Jahre alt. An der Seite von Horst Tappert und Fritz Wepper wurde er schließlich zur TV-Ikone. Seine markante Stimme und das kantige Gesicht blieben vielen bis heute im Gedächtnis.
Frauen gegenüber gab er sich vor der Kamera meist als verführerischer Charmeur und Draufgänger: In seinem ersten Film, „Mädchen für die Mambo-Bar“ (1959), küsste er seine Flamme überraschend im Zoo zwischen Papagei und Pferdestall. In seinen Streifen lag er schon mal für romantische Stunden im Stroh. Das Hemd gerne weit aufgeknöpft, damit die Brusthaare und die goldene Kette um den Hals gut zu sehen waren.
Bevor er ins Fach der Ganoven wechselte, hatte er viele Auftritte in Heimatfilmen: In „Der Orgelbauer von St. Marien“ präsentierte sich Rupp als Pfarrer und Volksmusikant. Mit der Gitarre ausgestattet, sang er da schon mal in idyllischer Landschaft Kindern einen Königsjodler vor. Unter dem Namen Tommy Rupp versuchte er sich Anfang der 60er Jahren zunächst als Mädchenschwarm, etwa in „Die Försterchristl“. Er war auch in „Heintje — Ein Herz geht auf Reisen“ zu sehen. In Rollenklischees ließ er sich aber nicht pressen.
1964 wechselte er mit dem Streifen „Unter Geiern“ schließlich auch in das Western-Genre. Internationaler Höhepunkt seiner Karriere war der Auftritt als Bösewicht unter Sergio Leone in „Für eine Handvoll Dollar“ an der Seite von Clint Eastwood.
Erfolge konnte er aber auch in Komödien, etwa „Die große Sause“ mit Louis de Funès, und Kriegsfilmen wie „Steiner - das Eiserne Kreuz“ verbuchen. In der Literaturverfilmung „Lulu“ brillierte er neben Hildegard Knef und Mario Adorf.
Den endgültigen Durchbruch im deutschsprachigen Raum schaffte er Anfang der 70er Jahre mit seiner ganz eigenen Interpretation im „Tatort“. Als Zollfahnder Kressin prügelte er sich schon mal mit Verdächtigen, rauchte, fuhr schnelle Sportwagen und verführte viele gutaussehende Damen. Vorgesetzten zeigte er keinen Respekt, auf Teamarbeit legte der Einzelgänger keinen Wert. An seinem Schreibtisch war der rastlose Zollfahnder, dessen Vorname bis heute unbekannt ist, nur selten. Zuschauer bezeichneten Rupp gerne mal als James Bond der „Tatort“-Reihe. Seine Darstellung soll damals eine wahre Bewerbungswelle am Zollamt ausgelöst haben.
Nach seinem „Tatort“-Ausstieg folgten noch weitere Auftritte in Krimis, wie „Derrick“. Hauptsächlich spielte Rupp danach allerdings an österreichischen Bühnen, wie dem Theater in der Josefstadt. Am Reinhardt-Seminar lehrte er Studenten. Für seine Darstellung des Dirigenten Wilhelm Furtwängler wurde er mit der Kainz-Medaille ausgezeichnet. Ende der 90er Jahre zog er sich komplett aus der Öffentlichkeit zurück und lebte abgeschieden in Wien.
Das WDR Fernsehen ändert aus Anlass von Rupps Tod sein Programm in der Nacht von kommendem Samstag auf Sonntag um 0.15 Uhr: Dann ist noch einmal der „Tatort“ mit dem Titel „Kressin stoppt den Nordexpress“ zu sehen.