Der „Michel“ hat Geburtstag
Vor 250 Jahren wurde der Neubau der Hamburger Kirche geweiht. 1,4 Millionen Touristen besuchen sie jedes Jahr.
Hamburg. Es gibt ihn als Bastelpostkarte zum Selberbauen, als Magneten für den Kühlschrank oder als Backform mit Plätzchen-Rezepten. Am Hamburger „Michel“ kommt in der Hansestadt so schnell keiner vorbei. Hoch über dem Hafen begrüßt die St. Michaelis-Kirche mit ihrem charakteristischen Turm und der riesigen Uhr die Schiffe und Besucher der Hansestadt.
Mit einer Festwoche feiert der „Michel“ von morgen an sein dreifaches Weihejubiläum: 1762 wurde die große Michaeliskirche geweiht, 1912 die nach dem Brand von 1906 wieder aufgebaute Kirche. 1952 folgte die dritte Weihe des im Krieg stark beschädigten „Michel“.
„Der ,Michel’ drückt das Lebensgefühl der Menschen aus“, ist Hauptpastor Alexander Röder überzeugt. „Er ist Barock, das ist schon prächtig genug. Aber er ist sehr norddeutsch Barock. Er nimmt sich auch sofort wieder zurück in dieser Pracht und hat nicht so viele Schnörkel und Zierrat wie der süddeutsche Barock. Das ist das eine“, sagt der 52-Jährige. „Das andere ist seine Offenheit. Der ,Michel’ ist eine offene Halle, er wirkt nicht wie eine durch Säulen und Joche aufgeteilte Kirche, sondern wie ein großer Saal, und das kommt dem Lebensgefühl der Menschen sehr entgegen. Es ist ein Aufklärungsbau, und die Stadt hat sich immer als aufklärerisch liberal verstanden, auch in ihren christlichen Äußerungen.“
Die Geschichte von St. Michaelis begann um 1600. Wegen der vielen Pesttoten hatte man außerhalb der Stadt einen Begräbnisplatz mit Kapelle angelegt.
Als sich immer mehr Menschen in der Neustadt ansiedelten, baute man eine neue große Kirche, die 1661 eingeweiht wurde. 1750 traf ein Blitz diese erste St. Michaelis-Kirche, die bis auf die Grundmauern niederbrannte. Der Senat beschloss den Neubau der Kirche. Am 19. Oktober 1762 konnte der neue „Michel“ eingeweiht werden, 24 Jahre später der 132 Meter hohe Turm.
Doch die einzigartige Barockkirche sollte noch zweimal zerstört und wiederaufgebaut werden: Am 3. Juli 1906 lösten Arbeiten am Turm einen Schwelbrand aus, 1945 trafen Bomben die prachtvolle Kirche.
Etwas zu tun gibt es immer an dem imposanten Bauwerk: Ende der 70er Jahre stellte man Schäden am Turm fest. Es folgte die Sanierung der Krypta, der Fassade und des Kirchenraumes. Dafür musste der „Michel“ im Jahr 2009 erstmals sogar für zehn Monate geschlossen werden.
In den nächsten Jahren müssen rund um den Michel die Gemeindegebäude aus den 1950er Jahren saniert werden. Auch der Fahrstuhl, der die zahlreichen Touristen zur Aussichtsplattform bringt, muss erneuert werden. „Wir müssen uns die Frage stellen, wie wir mit den inzwischen 1,4 Millionen Menschen umgehen werden, die den ,Michel’ jährlich besuchen“, sagt Röder. Prognosen gehen davon aus, dass die Zahl der Touristen steigt.