Deutsche mögen den Wald Der Wald: Zwischen Poesie und Klimawandel

Die Deutschen gehen gerne in den Wald - doch extreme Witterung setzt ihm immer mehr zu.

Der Wald kann so schön sein.

Foto: Marco Rose

Berlin. Der Wald hat seit jeher Dichter und Denker inspiriert. Von Günter Grass stammt zum Beispiel der Satz: "Wenn wir den Wald sterben lassen, verlieren Worte ihren Sinn." Und der große russische Schriftsteller Leo Tolstoi meinte einmal: "Manch einer geht durch den Wald und sieht nichts als Brennholz."

Für die Deutschen gilt das freilich nicht: Laut einer Erhebung des bundeseigenen Thünen-Instituts unternimmt im Durchschnitt jeder Bundesbürger 28 Waldspaziergänge im Jahr. Der Forst ist als Erholungs- und Freizeitgebiet besonders beliebt. Vor allem jetzt im Herbst, wenn die Blätter fallen.

Mehr als 55 Millionen Bürger gehen laut Umfrage mindestens einmal im Jahr in den Wald. 29 Prozent der Deutschen besuchen ihn sogar mindestens dreimal und 38 Prozent ein- bis zweimal pro Monat. "Die Mehrzahl der Waldbesuche erfolgt in der Nähe des jeweiligen Wohnortes", hat das Institut festgestellt, das unter anderem Konzepte für eine nachhaltige und wettbewerbsfähige Forstwirtschaft erarbeitet.

Dem dient auch der erste Deutsche Waldtag, der an diesem Dienstag und Mittwoch in Berlin stattfindet. Dort werden Fachleute und Experten auf Einladung von Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) beispielsweise über die Herausforderungen des Klimawandels beraten. Die extremen Witterungen wie Trockenheit, Starkregen und Stürme setzen den Bäumen immer mehr zu. Auch geht es bei der Konferenz darum, wie die Erholungsfunktion des Waldes und die wirtschaftliche Bedeutung gestärkt werden können.

Etwa 11,4 Millionen Hektar beträgt die Waldfläche in Deutschland, insgesamt sind 32 Prozent der Landesfläche mit Hölzern bedeckt, Tendenz laut Landwirtschaftsministerium leicht steigend. Davon sind rund 57 Prozent Nadel- und 43 Prozent Laubbäume. 48 Prozent der Wälder sind in Privatbesitz. Es gibt nach der letzten Waldinventur aus dem Jahr 2014 etwa 90 Milliarden Bäume in Deutschland. Die ökonomische Bedeutung von Holz ist immens: So arbeiten in der Forstwirtschaft rund 1,1 Millionen Beschäftigte, beim Hausbau, so das Ministerium, setzen immer mehr Menschen auf natürliche Dämmung durch Holz.

Nachhaltigkeit und Holzverwendung "spielen für den Klimaschutz in Deutschland eine wesentliche Rolle", betonte kürzlich Philipp Freiherr zu Guttenberg, Präsident des Verbandes der Waldeigentümer. Immerhin entlasten die Wälder die Atmosphäre jährlich um 52 Millionen Tonnen CO2 - mehr, als die Metropolen Berlin und Hamburg pro Jahr ausstoßen. 95 Prozent der Deutschen sind sich daher laut der jüngsten Erhebung sicher, dass die Forstwirtschaft für den Klimaschutz besonders wichtig ist.

Die häufigsten Baumarten in Deutschland sind die Fichte (26 Prozent Flächenanteil), die Kiefer (23 Prozent) und die Buche (16 Prozent). Ungefähr die Hälfte der Bundesbürger verbinden mit dem Wald Natur, Ruhe und Erholung. Doch es ist nicht alles in Ordnung in dem Ökosystem: Knapp ein Viertel der Bäume ist laut der letzten Waldinventur älter als 100 Jahre, im Schnitt ist ein Baum 77.

Der Wald braucht also eine Verjüngung, um widerstandsfähiger gegen den Klimawandel zu werden. Und heute kämpft er nicht so sehr gegen den sauren Regen, wie noch in den 80er Jahren, sondern mehr gegen Schädlingsbefall durch Borkenkäfer und Eichenprozessionsspinner, die auch für Menschen gefährlich sind. Immer wieder kritisieren Naturschützer zudem den hohen Einsatz von Pestiziden und die mangelnde Naturbelassenheit der Wälder. Auch darüber wird bei der Konferenz in Berlin geredet werden. Damit auch weiterhin gilt, was Hermann Hesse einmal anmerkte: "Der Wald legt das Lauschen nahe."