Die Rolle der Polizei bei der Loveparade
Duisburg. Im Prozess um die Loveparade-Katastrophe vom Juli 2010 wurden und werden im September vor dem zwei mal wöchentlich in Düsseldorf verhandelnden Duisburger Landgericht ausschließlich Polizisten vernommen.
Beamte, die am Tag des Unglücks mit 21 Toten und mehr als 650 Verletzten vor Ort im Einsatz waren. Diese sagen aber nur als Zeugen aus. Angeklagt ist kein Verantwortlicher aus den Reihen der Polizei. Vor Gericht stehen zehn für die Planung Verantwortliche der Stadt Duisburg und dem Loveparade-Veranstalter Lopavent.
Der WDR berichtet nun, er habe Einblick in das noch nicht veröffentlichte vorläufige Gutachten des Sachverständigen Jürgen Gerlach genommen. Danach könnte auch die Polizei ein Teil der Verantwortung treffen. Eine Polizeikette könnte das Unglück mit ausgelöst haben. Diese Polizeikette sollte die immer größer werdenden Menschenmengen auf der kombinierten Ein- und Ausgangsrampe des Geländes zurückhalten. Als der Druck auf beiden Seiten der Polizeikette immer größer geworden sei und die Polizisten sich schließlich zurückzogen, seien die Menschen aus zwei Richtungen aufeinander gestoßen. In dem Gedränge hätten viele dann eine Treppe als Ausweg gesehen, an deren Fuße dann viele der 21 Toten gefunden wurden. Allerdings, so referiert der WDR den Gutachter, wäre die Polizei gar nicht unter Handlungszwang geraten, wenn es nicht schon im Vorfeld Planungsfehler gegeben hätte. So sei speziell das Zugangssystem zum Gelände ungeeignet gewesen.
Eine Anklage von Verantwortlichen der Polizei ist wegen Verjährung nicht mehr möglich. Dennoch setzen die Verteidiger darauf, dass sich durch die Vernehmung der Zeugen und durch das Gutachten eine Mitverantwortlichkeit der Polizei belegen lässt. Das könnte Auswirkungen auf den gegen die von ihnen vertretenen Angeklagten haben. Und deren Anteil an der Verantwortung, zurückzuführen auf fehlerhafte Planung, würde sich relativieren, so die Rechnung der Verteidiger.
Auch auf politischer Ebene wird über Konsequenzen des geben. Die SPD im NRW-Landtag sieht in einem von ihr vorgeschlagenen Veranstaltungsgesetz einen Ansatz, eine „einheitliche, klare und kohärente Rechtsgrundlage“ für die Planung, Genehmigung, Durchführung und Nachbereitung von Großveranstaltungen aufzustellen. Zu dem Thema gibt es am Mittwoch eine Expertenanhörung im Innenausschuss.