Saubere Sache Deutsche Schwestern eröffnen Waschsalon in New York
New York (dpa) - Als Mode-Korrespondentin zog Corinna Williams vor rund fünf Jahren von München nach New York - und stand kurz darauf mit ihrer Schmutzwäsche im Waschsalon. „Vorher war ich in meinem Leben vielleicht zweimal in einem Waschsalon gewesen zu Uni-Zeiten, aber in New York gab es keine andere Möglichkeit, ich musste in den Laundromat - und das war alles andere als eine angenehme Erfahrung“, sagt die 32-Jährige.
„Keine Sitzgelegenheiten, schlechtes Licht, winzigkleiner, muffiger Laden, alte, schmutzige Maschinen und nach dem Waschen dann Flecken auf meinen T-Shirts und Handtüchern, die vorher nicht da waren.“
Williams wäscht sich durch mehrere der insgesamt rund 2500 Laundromats in New York, aber das Ergebnis ist immer gleich schlecht. Mangelnder Wasserdruck. Die Temperatur des Wassers hängt schlicht davon ab, wie heiß der Betreiber den Boiler einstellen will - oder ob er ihn ganz abstellt, um Wasser zu sparen. „Es war abenteuerlich.“
Eine eigene Waschmaschine in einer New Yorker Wohnung ernannte die „Vogue“ jüngst zum „sehr wahrscheinlich ultimativen Luxus“. Bei Williams ist das wie bei vielen New Yorkern unmöglich, denn in den meisten Altbauten ist der Einbau wegen fehlender Infrastruktur und nicht ausreichendem Wasserdruck verboten. Manche Häuser haben einige Waschmaschinen für alle Bewohner im Keller, „aber die sind meistens noch schlimmer als Waschsalons, weil sich da überhaupt niemand jemals drum kümmert“, sagt Williams. „Meine damalige Mitbewohnerin hat ihre sämtliche Weißwäsche sogar immer in einem Koffer nach Deutschland geschifft.“
Williams, die internationale Beziehungen studierte und bei der Internetfirma Google arbeitete, bevor sie Mode-Redakteurin wurde, hat eine Idee: „Ein sauberer, freundlicher Waschsalon, in dem man sich gerne aufhalten möchte. Ich konnte es einfach nicht fassen und wollte es auch nicht annehmen, dass es das hier nicht gibt - hier haben doch auch so viele Leute superschöne Anziehsachen.“
Für die Inneneinrichtung holt sie ihre Schwester Theresa an Bord, die damals noch in London lebt, wo sie nach einem Produktdesignstudium bei einer Brillenfirma arbeitet. „Warum wollt ihr einen Waschsalon aufmachen?“, fragt Theresas damaliger Freund, mit dem die 29-Jährige inzwischen verheiratet ist. „Wollt ihr den Rest eures Lebens waschen?“
Aber die Schwestern, die gerne „deutsch präzise waschen“, sind begeistert von ihrer Idee - und sehen darin weit mehr als einen Waschsalon. Ihre Tante in Deutschland hat die Landwirtschaft der Großeltern in dem Dorf Prittriching bei Landsberg am Lech einst auf Bio umgestellt. Die Eltern - die Mutter aus dem Dorf, der Vater aus Atlanta im US-Bundesstaat Georgia - haben schon in den 90er Jahren ein schadstofffreies Haus für die Familie gebaut - und so wollen auch die Williams-Schwestern in ihrem Waschsalon so wenig Chemie und Müll haben wir nur möglich.
Aber bis es überhaupt zur Eröffnung kam, verging mehr als ein Jahr. Im Juni 2016 unterschrieben die beiden einen Mietvertrag für einen ehemaligen Friseursalon im Szene-Stadtteil Williamsburg in Brooklyn - Erdgeschoss, hohe Decken, kleiner Garten hinten raus. „Wir haben uns sofort in den Raum verliebt“, sagt Theresa Williams. Die Eltern helfen bei der Finanzierung des Projekts.
Aber dann geht die Arbeit erst los: Wände herausreißen, Waschmaschinen und Trockner einbauen, Decken höher machen, um ein kleines Café auf einem Zwischendeck einzubauen, und die Straße aufreißen, um die Wasserleitungen von 2,5 auf 10 Zentimeter zu vergrößern. Das alles in einem typischen schiefen und krummen New Yorker Haus mit der für die Stadt ebenfalls typischen Willkür der Aufsichtsbehörden. „Da mussten wir uns umstellen und haben viel Zeit verloren“, sagt Theresa Williams. „Wir dachten, wir machen einfach alles nach Plan.“
Ende 2017 können die Schwestern den „Celsious“ genannten Laden endlich eröffnen, mit 4 Angestellten, 18 Waschmaschinen und 16 Trocknern sowie einem Café mit Getränken und kleinen Snacks - mit Biozucker, Milch aus der Region in Glasflaschen und kompostierbaren Handschuhen. Einmal Waschen kostet 7,50 Dollar (etwa 6 Euro) inklusive Öko-Waschmittel - das ist mehr als in einem normalen Laundromat, aber weniger, als wenn man seine Wäsche abgibt oder per App abholen lässt, was immer mehr New Yorker machen.
Das Geschäft sei gut angelaufen, sagt Corinna Williams. „Das Feedback ist unfassbar positiv, auch wenn es natürlich nicht die einfachsten Monate waren, um zu eröffnen - Winter, Feiertage, Schneesturm, da bleiben die Leute zu Hause und das sind dann einfach die Realitäten, mit denen man als Business-Besitzer fertigwerden muss.“
Die Kunden kommen bislang hauptsächlich aus der Nachbarschaft oder aus den umliegenden Hotels und Ferienwohnungen. „Am Wochenende kommen auch Leute zusammen, mit ihren Mitbewohnern oder sie treffen sich für Business-Meetings, einer kommt mit Wäsche, zwei oder drei Mitarbeiter kommen dazu und es wird gearbeitet - so hatten wir uns das vorgestellt.“
Viele Kunden zeigen sich begeistert. „Ein wunderschöner Laundromat mit qualitativ hochwertigen Maschinen aus Europa“, schreibt eine Nutzerin zu ihrer Bewertung beim Online-Portal Yelp. „Es ist ein bisschen teuer, aber definitiv besser als bei anderen Laundromats“, schreibt ein anderer. Und das Stadtmagazin „TimeOut“ proklamierte: „Auf das Waschen in diesem Laundromat-Café wirst du dich sogar freuen.“
Die Williams-Schwestern, die gemeinsam im Viertel Bushwick wohnen, hat der eigene Waschsalon noch enger zusammengeschweißt. „Wir sind durch den Prozess zu einer Person geworden“, sagt Corinna Williams. „Seit zwei Jahren werden wir für Zwillinge gehalten, das ist uns vorher nie passiert.“ Und sie wollen mehr: „Idealerweise gibt es bald einen "Celsious" in jeder Nachbarschaft in New York.“
Aber der Waschsalon verlangt ihnen auch einiges ab. Sieben Tage die Woche ist von 7.00 Uhr bis Mitternacht geöffnet, immer muss mindestens eine der Schwestern da sein und sich um alles kümmern. „Das ist eine riesige Verpflichtung“, sagt Theresa Williams, schaut an sich und ihren Anziehsachen hinunter und lacht. „Seitdem wir einen Waschsalon haben, kommen wir selbst überhaupt nicht mehr zum Waschen.“