Deutsche und der Wald: Eine immergrüne Liebe
Das Verhältnis ist von romantischen Gefühlen geprägt.
Aachen. Die Deutschen und der Wald — das ist eine ganz besondere Beziehung. Zwei Drittel der Deutschen gehen nach Umfragen mindestens einmal im Jahr in den Wald. Ungezählt sind die täglichen Gassi-Geher, Jogger und Radfahrer, die Wanderer und Spaziergänger. Auch wenn sie sich untereinander nicht immer grün sind, das Grün verbindet sie. Manche würden sogar von Liebe sprechen. Am Donnerstag ist der internationale Tag des Waldes.
Städter reagieren beim Wald manchmal etwas über. Wenn in den Wäldern die Motorsägen kreischen, witterten sie schnell Umweltfrevel, erzählt der Forstmann Gerd Ahnert aus der Eifel. Er wisse das aus Gesprächen mit Kollegen etwa aus dem Ruhrgebiet. „Je städtischer die Waldbesucher, desto lauter der Aufschrei. Da wird jede Durchforstung als Waldzerstörung empfunden.“ Städter liebten die Wälder. Aber anders als die Landbevölkerung wüssten die eben nicht mehr unbedingt, dass der Wald auch mal Luft und Licht brauche.
In Europa identifizierten sich vielleicht noch die Polen, Tschechen und Skandinavier so sehr mit dem Wald wie die Deutschen, meint der Wissenschaftler Albrecht Lehmann. Von den Franzosen würden die Deutschen belächelt: Dieses Industrievolk, „die tun so, als seien sie ein Naturvolk, was sich am liebsten in die Ruhe des Waldes zurückzieht“, sagt der Kulturanthropologe.
Der Wald sei über Jahrhunderte sorgfältig geschützt worden, „in erster Linie, um dem Adel die Jagd zu ermöglichen“. Das einfache Volk durfte aber auch Schweine und Pferde weiden lassen.
„Die Liebe der Deutschen zu den Wäldern ist in erster Linie im 19. Jahrhundert, in der Romantik, entstanden“, berichtet Lehmann. Künstler verklärten den Wald zur Idylle. Es entstanden Begriffe wie Waldsehnsucht und Waldeinsamkeit.
Ohne den verklärten Blick hätte wäre das Waldsterben in den 80er Jahren kaum ein emotionales Thema geworden, meint Lehmann. Für ihn eine „politisch mediale Kampagne“: „Am Ende des 18. Jahrhunderts war der Wald in einem wesentlich erbärmlicheren Zustand als 1980.“ Der frühere Waldschadensbericht heißt seit Jahren Waldzustandsbericht. Er besagt, dass sich der Wald, dem unter anderem die Luftverschmutzung zugesetzt hatte, wieder etwas erholt hat.
Demnach war jede zweite Eiche im letzten Jahr krank. Auch wenn die Eiche als deutsch bezeichnet wird — tatsächlich ist die Buche der natürliche deutsche Hausbaum. Hätte der Mensch nicht eingegriffen, die Buche hätte sich gegen die Konkurrenten durchgesetzt, ist für viele Fachleute klar. Tatsächlich aber dominieren Fichten und Kiefern.
Die Buche holt aber auf, der Anteil der gotisch anmutenden Buchenwälder wächst. Trotzdem schlagen Umweltschützer von Greenpeace Alarm. In alten Buchenwäldern fielen immer mehr Baumriesen, sagt Gesche Jürgens, Waldexpertin bei Greenpeace. Die mehr als 140 Jahre alten Buchenwälder drohten zu verschwinden.