Interview "Die Drahtzieher sind schon länger da"
Berlin. Nach der Festnahme von mutmaßlichen IS-Terroristen in Deutschland warnt der Vorsitzende des Bundestags-Innenausschusses, Ansgar Heveling (CDU), davor, Flüchtlinge unter Generalverdacht zu stellen.
Es sei nicht auszuschließen, dass es weitere terroristische Schläfer-Zellen gebe, so Heveling im Gespräch mit unserer Zeitung.
F: Herr Heveling, ist die Gefahr groß, dass mit den Flüchtlingsströmen weitere Terroristen ins Land gekommen sind?
HEVELING: Wir stehen im Fadenkreuz des Terrorismus. Deswegen ist nicht auszuschließen, dass IS-Terroristen mit den Flüchtlingen über die Balkanroute nach Deutschland gekommen sind. Die Sicherheitsbehörden sind aber sehr aufmerksam. Die Anschläge von Paris und Brüssel zeigen gleichzeitig, dass der IS mit vielen Strategien den Terror nach Europa trägt. Dort hatten die wesentlichen Drahtzieher eine inländische Nationalität.
F: Aber viele Flüchtlinge sind nicht registriert. Birgt das Gefahren?
HEVELING: Wir müssen wissen, wer in unser Land gekommen ist. Wir haben unser Recht so geändert, dass die Daten dazu nun zentral gespeichert werden. Die Nachregistrierungen laufen auf Hochtouren. Das ist auch gut so und wichtig.
F: Kann es sein, dass es noch weitere Schläfer-Zellen in Deutschland gibt?
HEVELING: Das Risiko kann man nicht ausschließen. Weil wir Zielscheibe des internationalen Terrorismus sind. Aber die Sicherheitsbehörden sind wachsam. Und es gibt viele Maßnahmen, die man unmittelbar gar nicht mitbekommt.
F: Ist es auch eine Strategie des IS, Flüchtlinge in Misskredit zu bringen?
HEVELING: Höchst wahrscheinlich hat es der IS schon bei den Attentaten von Paris darauf angelegt. Denn relativ rasch konnte damals nachvollzogen werden, dass einige Täter mit dem Flüchtlingsstrom nach Europa gekommen waren. Das deutet auf eine perfide Strategie des IS hin. Aber noch einmal: Die Drahtzieher von Attentaten sind oftmals schon länger in Europa. Wir dürfen Flüchtlinge jetzt nicht unter einen Generalverdacht stellen.
F: Erhöht sich durch die Fußball-Europameisterschaft die Terrorgefahr auch in Deutschland?
HEVELING: Großereignisse wie die Fußball-EM können naturgemäß ein potentielles Anschlagsziel sein. Das ist keine Frage. Aber die Aufmerksamkeit der Sicherheitsbehörden ist auch entsprechend hoch. Bund und Länder haben gute Sicherheitskonzepte entwickelt. Wir sollten wachsam und aufmerksam sein, aber unser Verhalten nicht ändern.