Die Frauenmode wird stilvoller
Köln (dpa/tmn) - Vorbei sind die Zeiten von Flohmarkt-Schick. Vorbei die Zeiten der Hippiemädchen, der schlabbrigen, ausgewaschenen und scheinbar wahllos zusammengestellten Klamotten. Eine Frau, die etwas auf sich hält, zieht sich in diesem Sommer ordentlich an.
Wer erwachsen ist, hört nun bitte auf mit den Verkleidungsspielchen. Keine junge Tante Emma, kein Mütterchen im Petticoat und keine Hippiemädchen will das Deutschen Mode-Institut (DMI) in Köln im Sommer sehen. Frauen verhedderten sich nicht mehr in Stilübungen, heißt es in dem aktuellen Trendbericht. Eine Frau sollte sich kleiden wie eine Frau: „Ihr Realismus ist Fakt und Frau verlangt eine zeitgemäße Funktionalität, die mit ihrem Leben Schritt hält.“ H&M-Chefdesignerin Ann-Sofie Johansson erkennt daher auch eine „gepflegte, erwachsene Grundstimmung“ in der Sommermode. Laut Gerd Müller-Thomkins vom DMI ist die „Abgerissen-Phase“ vorbei.
Wie sieht das aus? Celine, Calvin Klein und Boss Black zeigen kragenlose, schlichte Mäntel. Marc O'Polo hat Kostümhosen in Kurz und beschreibt das als „easy going, aber nicht laissez-fair“. Marc Cain spricht im Gleichklang von „casual, aber trotzdem sophisticated“ - was alles so viel heißt wie lässig, aber anspruchsvoll. Dazu passend zeigt das Unternehmen schicke Satintops zur Leinenhose.
Natürlich werden alte Stilvorbilder wiederverwendet. Denn: Eine erwachsene Frau darf schließlich tragen, was ihr gefällt. So bedient sie sich weiterhin an dem Schönsten der Vergangenheit - und das ist vor allem die Zigarettenhose, sagt die Styleberaterin Ines Meyrose aus Hamburg. Die schmale, gerade geschnittene Hose aus den 50er Jahren sei das Trendstück der Saison. H&M etwa bietet die ganze Regenbogenpalette an.
Woher kommt diese neue Wertigkeit von Altem? „Die Jugend hat Heimweh nach der Zukunft“, zitiert Müller-Thomkins dazu den Philosophen Jean-Paul Sartre. Man wolle die Krisenzeiten und Rückblicke hinter sich lassen, aber nicht vergessen, was man derzeit hat. „Es ist ein Bedürfnis, sich auf dem erreichten wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Niveau niederzulassen.“ Das zeigen auch die neuen Röcke: Denn Frau will darin sexy aussehen, aber nicht zu viel zeigen. Grundsätzlich würden nun aber Röcke in allen Längen als schick gelten - Mini-, Maxi- und sogar der so bieder wirkende Midirock.
Überhaupt sieht man in dieser Saison den Gipfel der Spießigkeit in auffällig vielen Kollektionen: den Plisseerock mit dichten Falten. Er ist jetzt schon mal durchsichtig. So trägt zeigt Sisley einen durchsichtigen, bodenlangen Plisseerock, darunter einen kürzeren blickdichten. Minx hat solch einen Rock in Weiß mit hohem Schlitz am linken Bein. „So wird die notwendige Keuschheit gewahrt, denn Sie tragen einen langen Rock - der aber das komplette Bein zeigt“, erläutert Müller-Thomkins.
Laut DMI ist die Mode diesen Sommer farblich in Partylaune. Im Gegensatz zur vorigen Saison sind aber ein zartes Rosa statt feurigem Rot zu sehen, ein gedämpftes Orange statt der leuchtenden Müllmannfarbe, blasses Lila und Blau statt der prallen Veilchenfarben. „Statt der kräftigen Komplementärfarben werden nun die soften Töne genommen“, fasst Ines Meyrose zusammen.
Die Farben werden aber weiterhin bunt kombiniert im Prinzip des sich nun noch mehr durchsetzenden Colourblockings: Einfarbige oder maximal großmustrige Stücke werden nicht mit harmonisierenden, sondern zu gegensätzlichen Farben kombiniert. „Die Modebranche hat versucht, dass mit den knalligen Farben am Markt durchsetzen“, sagt Meyrose. „Aber der Papageienlook ist nur von wenigen Menschen tragbar.“ Ein „softes Colourblocking“ mit Softeistönen hingegen schon.
Viele Hersteller bieten aber auch beides an und verbinden sanfte Farben mit knalligen - wobei die auffälligste Farbe oft an den Füßen leuchtet: United Colors of Benetton zeigt etwa pinke und türkise Schuhe zu blassfarbigen Jeans und weißdurchsetzten Tops.
„Die moderne Frau will alles und kann alles, und sie will definitiv nicht auf Sexiness verzichten“, sagt Müller-Thomkins. Aber sie sollte am Tisch der Erwachsenen spielen: mit Materialien und in farbigen Leichtigkeit und nicht mit Ironie und stilistischen Brüchen.