Die Königin, die Buchmacher und eine Rede

London (dpa) - Im kommenden September wird Königin Elizabeth II. diejenige Monarchin in Großbritannien sein, die am längsten auf dem Thron saß. Mit 63 Jahren und 218 Tagen wird sie am 10. September die 1901 gestorbene Queen Victoria übertrumpfen.

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Wäre das nicht ein schöner Anlass, um zurückzutreten? Das Zepter in die Hände Jüngerer zu legen? Glücksritter in Großbritannien haben in den vergangenen Tagen darauf gesetzt, dass die Königin ihre traditionelle Weihnachtsansprache am 25. Dezember nutzt, um genau das zu verkünden - und damit einen Springbrunnen der wilden Spekulationen in Gang gesetzt.

Der Wettanbieter Coral's musste weitere Wetten auf die Spitzenpersonalie im Buckingham Palast aussetzen - es habe ungewöhnlich hohes Wettaufkommen gegeben. Für Wettanbieter ist das ein Hinweis darauf, dass jemand vielleicht etwas weiß - und versucht, mit dem Informationsvorsprung Geld zu machen. Dass die noch nicht ausgestrahlte Ansprache vorab aufgezeichnet wurde, speist solche Befürchtungen.

Doch der Buckingham Palast winkte am Donnerstag ab. Der Palast werde einen Teufel tun, und die Vorgänge in Wettbuden kommentieren. Hinter vorgehaltener Hand hieß es jedoch: Die spinnen, die Wetter. Niemals werde die Queen eine Weihnachtsansprache dazu nutzen, ihre persönlichen Angelegenheiten in den Vordergrund zu stellen.

In den Reden, die so langweilig sind, dass der Sender Channel 4 seit Jahren eine alternative Weihnachtsansprache ausstrahlt, geht es eher um den Dank an Ehrenamtliche, um Frieden in der Welt und um Solidarität zwischen Arm und Reich. Die Rede wird alljährlich im Buckingham-Palast aufgezeichnet, bevor die Königin in den Zug steigt und für ein paar Wochen Weihnachtsurlaub auf dem ostenglischen Landsitz Sandringham macht.

Ganz abgesehen von dem Treueschwur der Königin, die bei ihrer Krönung versprochen hatte, dem Volk „für ihr ganzes Leben“ lang zu dienen und der Verfassungskrise, die ein Abdankung im Königreich heraufbeschwören würde: Dass ein Geheimnis von solcher Bedeutung über Wochen mit Kameraleuten und Technikern geteilt wird, erscheint ausgeschlossen - viel zu groß wäre die Gefahr, dass jemand bei einer der berühmten britischen Weihnachtsfeiern ins Plaudern gerät.

Ein ganz praktisches Problem besteht auch noch: Die Ansprache wird jeweils um 15.00 Uhr Ortszeit in allen Ländern ausgestrahlt, in denen die Queen Staatsoberhaupt ist. Dass die 10 000 Bewohner des pazifischen Archipels Tuvalu zwölf Stunden früher informiert werden sollen als die Engländer erscheint in London praktisch unmöglich. Auf der anderen Seite: Ein Herz für den Commonwealth hat Elizabeth - im Alter von 88 Jahren bei bester Gesundheit - Zeit ihrer Regentschaft bewiesen.