Die Niederlande feiern ihre „Bea“
Rotterdam (dpa) - Ein echtes niederländisches Fest muss „gezellig“ sein. Und dazu gehören nun einmal Luftballons und Papierhütchen.
Die flogen dann auch am Samstagabend zu Tausenden durch die Festhalle Ahoy in Rotterdam. Auch die Hütchen. Nur Beatrix war diesmal oben ohne erschienen. Sie war der Ehrengast bei der nationalen Dankesgala für ihre 33-jährige Amtszeit unter dem Motto „Mit Herz und Seele“. Gerührt empfing sie Ovationen, Hurra-Rufe und Ständchen.
Vor neun Monaten hatte sie den Thron ihrem Sohn Willem-Alexander übergeben. Doch das nationale Dankeschön war verschoben worden, aus Respekt für die Trauer um Prinz Friso. Der zweite Sohn von Beatrix war im August nach einem Lawinenunglück und 18 Monaten im Koma gestorben.
Doch nun konnte und wollte die Oranje-Familie wieder feiern. Fast alle waren sie gekommen, um sie zu ehren. In stilvoller aubergine-farbener Abendrobe saß die 76-Jährige in der ersten Reihe, das Haar wie gehabt tadellos toupiert zur typischen Beatrixtolle. Nur diesmal ohne einen ihrer charakteristischen großen Hüte, den Kronen-Ersatz.
Jeder der 4000 Gäste, auch König Willem-Alexander und seine Frau Máxima, fanden unter ihrem Stuhl einen Pappkarton mit einem Hütchen. Zum Abschluss der 90-minütigen Gala sollten sie diese aufsetzen und dann auf Kommando mit einem lauten „Chapeau“ in die Luft werfen. Und das taten sie.
Es war der Abschluss einer bunten Show von Bach und Rap, Jazz und Schlager, Ballett und Streetdance. Bauern trommelten auf Holz-Klompen, Ballett-Stars tanzten einen modernen Pas de Deux auf Bach. Ein 90-jähriger Amsterdamer Volkssänger ließ Schmalz und Tränen fließen, eine junge Marokkanerin rührte mit einer Ballade. Bekannte und unbekannte Niederländer brachten der früheren Königin 33 Ständchen - für jedes ihrer Amtsjahre eins.
Ein „unerträgliches Potpourri“ und „Begräbnisstimmung“, mäkelten allerdings tausende Niederländer auf Twitter. Vielleicht hatte das auch Königin Máxima gedacht, die in ihrer elegant nachtblauen Abendrobe nur mühsam ein Gähnen zu unterdrücken schien. Der Ehrengast aber und auch der König waren begeistert, klatschten rhythmisch mit, lachten und mussten ab und zu ein Tränchen abwischen.
Beatrix weiß natürlich wie keine andere, dass so ein nationales Dankeschön ein Sammelsurium sein muss. Wenn das Volk „Bedankt, Bea“ sagt, müssen die 17 Millionen, ihre Kulturen und alle Regionen ausgewogen vertreten sein. Von Groningen bis Maastricht, von Schwarz bis Weiß, von Rap bis Rock.
Der künstlerische Leiter des Abends, der Oboist des berühmten niederländischen Bläser-Ensembles, Bart Schneemann, machte aber aus der vielstimmigen Ode an Beatrix auch eine Ode an ihre Liebe zur klassischen Musik und modernem Tanz. Dafür ist das neue Königspaar nicht gerade bekannt. Der Generationswechsel bei den Oranjes ist auch zu hören und zu sehen.
Mit Grauen denken noch viele zurück an das Festprogramm zur Amtseinführung von König Willem-Alexander vor neun Monaten. Das extra komponierte „Königslied“ voller platter Klischees, falscher Töne und Grammatikfehler hatte sogar zu einem Massenprotest geführt.
Das wehmütige Lied für Beatrix, das eigens für diesen Abend komponiert worden war, sprach daher vielen Niederländern aus der Seele. Die Ballade „Gut Behütet“, spielte nicht nur auf das Markenzeichen von Beatrix an, die Hüte. Es war auch eine warmherzige Ehrung der Frau, die 33 Jahre in „guten und schlechten Zeiten“ zu ihrem Volk gestanden hatte.
„Sie verdient einen Orden“, sang die Sängerin Chantal Janzen schelmisch mit Blick auf den König. Willem-Alexander lachte und zustimmend. Und dann setzten die 4000 ihre Hütchen auf, um sie gleich darauf mit einem lauten „Chapeau“ in die Luft zu werfen. Eine Verbeugung vor der Frau, die 33 Jahre lang ihre Königin war und auch „eine Mutter der Niederlande“.