Die Schlümpfe feiern Geburtstag
Sie sind klein, blau und werden 50Jahre alt. Im idyllischen Schlumpfhausen steigt bestimmt eine Party – aber mit Sicherheit ohne den bösen Zauberer Gargamel.
Brüssel. In Ungarn heißt er Torpikek, in Italien Puffo. In Vietnam hört er auf den Namen Xi Trum und als Lan-Shin-Ling ist er in China unterwegs. Dass er in Island als Strump bekannt ist, bringt uns schon eher auf die richtige Fährte. Natürlich ist hier vom Schlumpf die Rede. Aus gutem Grund, denn der kleine, blaue Weltbürger wird 50 Jahre alt.
Zur Welt gekommen sind die Schlümpfe am 23.Oktober 1958 im Comic-Mekka Brüssel. Pierre Culliford, der sich als Zeichner Peyo nannte, hatte ihnen zunächst nur Nebenrollen zugedacht.
Doch schnell konnten die Winzlinge mit ihrer eher rätselhaften Sprache, die sich häufig der Wortbestandteile "Schlumpf" und "schlumpfen" bedient, überzeugen. Neben ihren Rollen als Comic-Helden gastierten die Blauhäutigen später auch im Kino und in mehr als 400Folgen im US-Fernsehen.
Weiße Mütze, Knubbelfüße und Stummelschwanz sind nach wie vor die unverzichtbaren Markenzeichen. Auf die griff auch ein gewisser Vader Abraham 1978 zurück. Sein "Lied der Schlümpfe", in dem die Winzlinge schon lange vor den heutigen Brunft-Techno-Hits mit Helium-Stimme quietschten, lag monatelang auf vorderen Plätzen in den Charts - nicht nur in Deutschland. In Zeiten von Manga-Helden und Super-Mario sind sie ins Abseits geraten. Zurzeit haben die Schlumpf-Geschichten keinen Verleger in Deutschland.
Nun feiern die Schlümpfe einen runden Geburtstag und sehen noch genauso aus wie vor 50Jahren. Dabei waren einige von ihnen damals bereits hunderte Jahre alt. Der Chef der Truppe, der Große Schlumpf (oder auch Papa Schlumpf), der einzige mit Bart sowie Mütze und Strampelhose in rot, verrät im ersten Comic, dass er schon seit 542 Jahren von der Welt der Menschen abgeschieden in seinem ausgehöhlten Pilz lebe.
In Schlumpfhausen fristet die rund hundert Mann starke Riege der charmanten Simpel ein weitgehend harmonisches und friedvolles Dasein. Jeder schlumpft fleißig seiner selbst gewählten Tätigkeit nach, wozu auch das Faulenzen gehört. Man ernährt sich vom Leibgericht Siebenwurz.
Ein Tag gleicht in dieser pluralistischen Gesellschaft dem anderen. Wenn da nicht der böse Zauberer Gargamel wäre. Der hat es auf die harmlosen Wichte abgesehen: Mal will er sie einfach nur zu Suppe verarbeiten, mal will er sie zur Herstellung von Gold verwenden.
Besonders perfide scheint seine Idee, die Schlumpf-Gemeinde durch ein weibliches Wesen aufzumischen. Doch Schlumpfinchen will keine Zwietracht säen. Lieber verlässt sie das Dorf und kehrt erst zurück, als das Überraschungsmoment, dass ein weibliches Neumitglied in der Männerriege ausgelöst hat, verraucht ist.
Sexuelle Begierde? Fehlanzeige! Fortpflanzungsangelegenheiten werden vom Storch geregelt, der auch als Fortbewegungsmittel wichtige Dienste leistet - etwa für den seltenen Kontakt zur Menschenwelt.
Die kleine Welt der Schlümpfe ist ein märchenhaft naiver Gegenentwurf zur Wirklichkeit, "ein pastoral verzauberter Steinzeitsozialismus", wie ein Kritiker mal formulierte. In Krisensituationen hilft der Zusammenhalt der Gemeinschaft oder wahlweise auch ein Zaubertrank. Segnungen der Zivilisation sind nur in beschränktem Maße bekannt oder werden erfolglos ausprobiert.
Wirklich schlimm wird es für die Gemeinschaft, als der Große Schlumpf, der schon mal als Miniaturausgabe von Karl Marx gedeutet wurde, verreisen muss. Sein gewählter Vertreter entpuppt sich schnell als übler Diktator.
Auch die Einführung des Geldes, für die der Finanzschlumpf sorgt, zerstört allmählich das solidarische Zusammenleben und schafft nie gekannte soziale Probleme. Doch am Ende wird stets die alte Ordnung wiederhergestellt.
Und so bleibt in der gut eingespielten Welt der Schlümpfe alles beim Alten. Wirklich alles? Nein, denn für den von den Columbia Studios in Hollywood angekündigten neuen Schlumpf-Film heißt es, dass Frauen sich in der Männer-WG einquartieren wollen. Man muss kein Schlumpfologe sein, um zu ahnen, dass das das Ende der paradiesischen Zustände sein könnte.