Die Schwester von Mr. President

Porträt: Ja, ihr Bruder ist Barack Obama. Aber Auma ist mehr als nur Verwandte. In Kenia kämpft sie gegen die Armut.

Düsseldorf. Halbbruder. Dieser Ausdruck hat für Auma Obama noch immer keinen Sinn. Trotz 16 Jahren, die sie in Deutschland studiert und promoviert hat: Fragen der Familie sieht sie ganz und gar afrikanisch. Und wann immer sie den US-Präsidenten Barack Obama trifft, kommt er ihr überaus vollständig vor - nicht halb. "Er ist mein Bruder", sagt sie. Punkt.

Unterschiedlicher indes hätten Auma und Barack Obama nicht aufwachsen können. Während ihr gemeinsamer Vater Barack senior sich beim Studium in den USA in die Mutter des heutigen Präsidenten verliebte, blieb Auma - im gerade unabhängigen Kenia geboren - nahe des Victoriasees auf dem Hof ihrer Großeltern zwischen Mango-, Guaven- und Avocadobäumen.

Und doch: Das Mädchen war von Anfang an anders. Wenn sie die Traditionen und Bräuche ihres Volkes - der Luo - zu sehr hinterfragte, drohte ihre Großmutter damit, sie für ein paar Kühe an den 50-jährigen Nachbarn zu verscherbeln. Wohl scherzhaft. Doch die junge Auma plagten Alpträume. Sie flüchtete in Bücher, Brecht hatte es ihr angetan. 1981 bekam sie ein Stipendium für das Germanistikstudium in Heidelberg. Ohne Abschied stahl sie sich aus dem Land. Aus Angst vor der Wut ihres Vaters.

Erst nach dem Tod von Barack senior sollte Auma mit Mitte 20 ihren kleinen Bruder "Barry" in den Staaten kennenlernen. Er lud die kenianische Schwester ein, holte sie am Flughafen von Chicago in seinem Fiat ab; damals arbeitete er für ein Sozialbau-Projekt und hatte wenig Geld. Die Geschwister erkannten sich sofort, umarmten sich lange. Als hätten sie sich immer gekannt, sagt Auma.

In seiner kleinen Wohnung kochte Barack Obama indonesisch für sie und stellte Fragen über den Vater, der ihn und die Mutter früh verlassen hatte und nach Kenia zurückgekehrt war. Über dessen Liebe, die er nicht kannte. Es wurde eine lange Nacht.

Im Wahlkampf unterstützte Auma ihren Bruder später. Heute spricht sie nicht mehr viel über ihn. Zumindest nicht mit den Medien. Lieber spricht sie über Afrika. Über Kenia, nach dem das Heimweh irgendwann zu groß wurde. Das sich aber auch stark verändert hatte in den Jahren, die sie in Europa war. Gerade Kibera - einst Nairobis einfache Wohngegend für die Hilfskräfte, jetzt das größte und wohl elendste Slum in Afrika. "Früher habe ich dort Freunde besucht. Heute ist alles anders. Man kann nicht allein herumlaufen", sagt Auma Obama gestern nach dem Besuch in einer TV-Show in Düsseldorf.

Statt als Deutschlehrerin zu arbeiten, engagiert sich Auma Obama heute für Hilfsorganisationen in Kenia, stellt etwa Box-Trainings für Mädchen auf die Beine. Obwohl sie fließend Deutsch spricht, ist Deutschland keine Heimat für sie, wollte sie nie Deutsche sein. Sie besucht hier nur Freunde. Und akquiriert Unterstützer, Sponsoren. Ihr Name öffnet dabei Türen, das weiß sie. Aber auch ihre Persönlichkeit. "Afrika ist nicht nur Armut. Ich gehöre auch dazu", sagt sie. "Das müssen die Menschen wissen, sonst wirkt alles hoffnungslos. Und Afrika ist nicht hoffnungslos." Die Kämpfernatur liegt bei Obamas wohl in der Familie