Die windigen Geschäfte der Mafia-Paten
Die Cosa Nostra und die ‘Ndrangheta investieren in der Ökobranche und profitieren dabei auch von EU-Steuergeldern.
Rom. Einst soll er ein mittelloser Elektriker gewesen sein. Dann entdeckte der Sizilianer Vito Nicastri sein Talent für das große Geschäft. Zuletzt hatte der Unternehmer ein Vermögen von insgesamt 1,3 Milliarden Euro angehäuft. Sein Geheimnis: Die Konstruktion von Windparks und engste Verbindungen zur Mafia.
Als „König des Windes“ bezeichnen Ermittler in Palermo den 57 Jahre alten Unternehmer aus Alcamo, dessen Vermögen im vergangenen April konfisziert wurde. Dazu zählten 43 Gesellschaften und Beteiligungen, knapp 100 Immobilien, sieben Fahrzeuge und Boote, 66 Bankkonten, Kreditkarten und Versicherungspolicen.
Den größten Teil seines Vermögens bildeten mehrere Windparks in der sizilianischen Provinz Trapani. Die Staatsanwälte vermuten, Nicastri habe seine Kontakte zu Politikern ausgenutzt und damit einen der größten Geschäftszweige der sizilianischen Cosa Nostra gefördert, das Geschäft mit der Windenergie.
Nicastri errichtete die Windparks und verkaufte sie anschließend an internationale Konzerne weiter. Zum Nutzen der Mafia, für die er als Strohmann arbeitete. Nach Informationen der Ermittler verkehrte Nicastri mit dem Who is Who der Organisierten Kriminalität Süditaliens.
Immerhin gibt es kleinere Erfolge der Ermittler: Allein zwischen den Jahren 2007 und 2011 zählten die Ermittler 126 Festnahmen in 17 Ermittlungsverfahren. Vito Nicastris Festnahme ist aber der bislang spektakulärste Erfolg von italienischen Staatsanwälten in ihrem Kampf gegen die Windmühlen der Mafia. Die erneuerbaren Energien, darunter vor allem die Windenergie, versprechen Profite, die auch die Organisierte Kriminalität (siehe Kasten) anziehen.
Die europäische Polizeibehörde Europol schätzt die Summe der jährlich in Sizilien investierten Mittel für Wind- und Solarenergie auf sieben Milliarden Euro und stellt fest: Die Mafia investiert in erneuerbare Energien. „Solche Projekte bieten attraktive Möglichkeiten, von großzügigen Zuschüssen der Mitgliedstaaten und der EU sowie Steuervorteilen zu profitieren“, heißt es in einem Bericht.
Ob die Mafia direkt EU-Gelder einkassiert hat, ist bislang nicht klar. Doch es sind Fälle bekannt, in denen das Organisierte Verbrechen in Süditalien von staatlichen Mitteln aus Deutschland profitierte.
Der „Stern“ deckte auf, dass ein Windpark bei Crotone in Kalabrien von der schleswig-holsteinischen HSH Nordbank mit rund 200 Millionen Euro finanziert wurde, ein Projekt, in das vermutlich die ‘Ndrangheta verwickelt ist. Italienische Staatsanwälte beschlagnahmten den Park.