Dirk Plähn ist „der Tatortreiniger“
Der 45-jährige Hamburger entfernt die Spuren des Todes. Seinem Alter Ego im Fernsehen gab er Expertentipps.
Hamburg. Der Schlüssel dreht sich im Schloss, ein unangenehmer Geruch breitet sich aus. Auf dem Boden hinter der Tür ziehen sich dunkle Flecken vom Wohnzimmer bis in die enge Küche. Zwei Tage lang lag hier ein toter Mensch, er ist eines natürlichen Todes gestorben. Viel mehr weiß Dirk Plähn (45) nicht über den Mann, dessen Wohnung er gerade betreten hat. Das will er auch gar nicht. Womit Schauspieler Bjarne Mädel in der ARD-Serie „Der Tatortreiniger“ viele Zuschauer unterhält, ist für Plähn tägliches Brot.
Plähn streift sich einen weißen Anzug über, der ein wenig einem Maleranzug aus dem Baumarkt gleicht. Über seine Hände zieht er zwei Paar Handschuhe, ein Paar schnittfeste, ein zweites soll ihn gegen Krankheitserreger schützen. Dann schnallt er sich noch eine blaue Gasmaske um den Kopf. Darunter muss er durch einen Filter atmen, was sehr mühselig ist.
Im weißen Anzug und mit Maske macht sich auch Schauspieler Mädel ans Werk, wenn er in die Rolle von Heiko „Schotty“ Schotte schlüpft. In der mit zwei Grimme-Preisen prämierten TV-Serie bleibt er jedoch selten alleine am Tatort; Nachbarn, Angehörige und Bekannte der Toten kommen vorbei, aberwitzige oder tragisch-komische Dialoge spitzen sich zu kammerspielartigen Szenen zu. Manchmal setzt er sich auch einfach auf die Couch und packt sein Wurstbrot aus. Zur eigentlichen Arbeit kommt Schotty fast nie.
Plähns Alltag sieht anders aus — wenn auch nicht ganz anders. In der Anfangszeit aß er vor Einsätzen nichts, auch währenddessen blieb der Magen leer. Irgendwann härte man aber ab. Jetzt kommt es schon vor, dass er zwischendurch an die frische Luft geht und einen Schokoriegel oder ein Brötchen isst. „Wir laufen auch nicht die ganze Zeit in Trauer herum und machen auch mal Scherze.“
Abgesehen vom Hamburger Dialekt sieht Plähn wenige Parallelen zwischen sich und dem NDR-Tatortreiniger, wenngleich er die Macher der Serie quasi angelernt hat. Mit Regisseur Arne Feldhusen hat er sich im Vorfeld der Reihe zusammengesetzt und ihm Bilder von Tatorten gezeigt. Dass die Serie ein solcher Erfolg werden würde, damit habe er gerechnet, sagt Plähn. Der NDR hingegen hatte die ersten Folgen erst im späten Abendprogramm gezeigt. Mittlerweile wurden sieben Folgen gesendet, zwei neue sind bereits gedreht, weitere sollen folgen.
Den Erfolg des von Kritikern hochgelobten NDR-„Tatortreinigers“ kann auch Plähn spüren. Kaum hat er den weißen Kleinbus mit der Werbung an den Türen abgestellt, hält schon ein Fahrradfahrer an. „Was habt ihr denn heute zu reinigen?“, fragt er. „Ne Wohnung, nur ein bisschen“, antwortet Plähn knapp. Das gehe die Leute schließlich nichts an.