Doel 1: Wasser vielleicht doch radioaktiv
Kernenergie-Experte sieht Gefahr trotz des Abschaltens.
Aachen/Brüssel. Das Wasser, das aus dem belgischen Atommeiler Doel 1 bei Antwerpen austritt, könnte radioaktiv sein. Das räumte Anne-Sophie Hugé, Sprecherin des Betreibers Engie-Electrabel, gestern gegenüber dieser Zeitung ein. Tags zuvor hatte sie noch von „normalem Wasser“ gesprochen. Diese Aussage präzisierte der Betreiber der AKW Tihange und Doel.
„Das Wasser, das durch das Leck getreten ist, könnte im nuklearen Bereich mit Radioaktivität in Kontakt gekommen und somit auch radioaktiv sein“, sagte Hugé. Das stelle aber kein Problem dar, weil das Wasser nicht ins Abwasser oder in die Natur fließe. Das AKW habe ein eigenes System, um das Wasser aufzufangen. Solch einen Vorfall habe es bis dato zwar in keinem anderen der belgischen Meiler gegeben, man sehe aber weiterhin kein Risiko.
Das sieht Dieter Majer, ehemaliger Leiter der deutschen Atomaufsichtsbehörde, allerdings anders. „Ein Leck im Not- und Nachkühlsystem ist absolut unnormal.“ Das dürfe gar nicht passieren. Die Leitungen des Kühlsystems würden nämlich eigentlich in engen Abständen überwacht. „Man hätte längst einen Riss entdecken müssen, denn ein Leck ist nicht plötzlich da.“ Dass die Anfänge der Materialprobleme nicht entdeckt worden seien, sei ein riesiges Problem. „Das zeigt, dass bei Engie-Electrabel das Qualitätsmanagement erhebliche Defizite aufweist.“
Die Notkühlung sei die zweitwichtigste Komponente in einem Meiler, weil sie im Ernstfall dringend funktionieren müsse. Majer sagt, dass er die Einzelheiten in Doel nicht kenne, aber trotz der Abschaltung bis Oktober Sicherheitsbedenken habe. „Eigentlich müsste man die Brennelemente entfernen, weil eine adäquate Notkühlung nicht gegeben ist.“