Droht Suhrkamp-Gesellschaftern der Rauswurf?
Berlin/Frankfurt (dpa) - Der Streit um den renommierten Suhrkamp Verlag hat schon manch verrückte Volte geschlagen. Aber was am Mittwoch vor dem Landgericht Frankfurt ansteht, könnte alles in den Schatten stellen.
Die zutiefst zerstrittenen Eigentümer Ulla Unseld-Berkéwicz und Hans Barlach wollen sich nach siebenjährigem Krieg gegenseitig rauswerfen. Richter Norbert Höhne hat eine Entscheidung angekündigt. Aber das Einzige, was vorab feststeht: Das Drama hat damit sicher noch kein Ende.
Verlegerin Unseld-Berkéwicz, die über ihre Familienstiftung 61 Prozent am Unternehmen hält, wirft dem Minderheitsgesellschafter Barlach mit seiner Medienholding (39 Prozent) vor, die wirtschaftliche Situation des Hauses schlechtgeredet und sich damit geschäftsschädigend verhalten zu haben. Barlach seinerseits meint, die Verlagschefin habe in ihrer auch für Repräsentationszwecke genutzten Berliner Villa Firmengelder unternehmensfremd verwendet - beispielsweise 40 000 Euro für einen Konzertflügel für ihren Bruder.
„Verletzung der Treuepflicht“ heißt der Vorwurf auf beiden Seiten. Die Beteiligten halten sich mit Prognosen zum Ausgang zurück. Und Richter Höhne hatte bei einer mündlichen Verhandlung Ende September erklärt: „Das Ergebnis ist für mich völlig offen.“ Trotzdem gilt es als höchst unwahrscheinlich, dass er beide Kontrahenten gleichzeitig als Gesellschafter ausschließt. Er könnte aber sehr wohl einem von beiden den Laufpass geben - und dann wird es endgültig vertrackt.
Denn Voraussetzung für den Ausschluss eines Gesellschafters ist, dass die Zusammenarbeit mit ihm nicht länger zumutbar ist. Selbst wenn dies in der Suhrkamp-Dauerfehde so wäre - die Verlegerin hat inzwischen alles auf den Weg gebracht, dass sich das ändert. Im Mai leitete sie ein Insolvenzverfahren ein, um das traditionsreiche Haus von einer Kommandit- in eine Aktiengesellschaft umzuwandeln. Barlach verliert damit weitreichende Mitspracherechte, der Streit würde nicht mehr das Tagesgeschäft tangieren, hofft der Verlag.
Der Insolvenzplan ist bereits von der Gläubigerversammlung beschlossen. In wenigen Wochen könnte das Berliner Amtsgericht grünes Licht für die Umwandlung des Verlags geben. Unseld-Berkéwicz und Barlach wären dann nicht mehr Gesellschafter, sondern Aktionäre. Und die Gesellschafter, über deren Ausschluss die 3. Handelskammer des Frankfurter Landgerichts jetzt befinden muss, wären gar nicht mehr da.
Gut möglich, dass der Richter deshalb am Mittwoch mit Blick auf den Insolvenzplan beschließt, nicht zu beschließen. Oder dass er beide Anträge zurückweist. In jedem Fall geht es um viel Geld. Der Streitwert für das Verfahren liegt nach Angaben von Beteiligten bei 12,2 Millionen Euro. Die Verfahrenskosten für jede Partei allein in erster Instanz belaufen sich demnach auf 110 000 Euro. Weitere Instanzen sind möglich.
Nur eine Hoffnung hat der Richter inzwischen aufgegeben. Bei einem ersten Termin im Februar hatte er den Beteiligten noch mehr als ein halbes Jahr Zeit gegeben, sich außergerichtlich zu einigen. Beim letzten Termin Ende September stellte er dann fest: „Es gibt keine Anzeichen, dass die Protagonisten anfangen, Geschmack aneinander zu finden.“