Düstere Aussichten für CDU-Chefs
In Wuppertal, Krefeld, Solingen und Neuss drohen den Christdemokraten 2015 weitere große Verluste.
Düsseldorf. Wenn im September in einigen NRW-Städten die Oberbürgermeister zur Wahl stehen, könnte es sein, dass die CDU weitere Chefsessel in den Rathäusern abgeben muss und damit ihre Niederlagenserie in großen Städten fortsetzt. Eine Lageeinschätzung:
25 Jahre ist es her, dass die SPD in Krefeld einen Oberbürgermeister stellen konnte. Der hatte den passenden Namen Willi Wahl und war fünf Jahre im Amt. 2015 könnten die Sozialdemokraten mit Frank Meyer (40) als Spitzenkandidat an den damaligen Erfolg anknüpfen, denn die Zeiten der CDU als Garant für Mehrheiten im Stadtrat sind vorbei. Bei der Kommunalwahl im Mai hatte die SPD die Nase knapp vorn.
Hinzu kommt, dass viele Krefelder mit der Politik ihres CDU-Oberbürgermeisters Gregor Kathstede nicht zufrieden sind. Die Stadt kommt nicht aus den Schulden heraus, Bauprojekte ziehen sich ewig hin und werden von vielen Bürgern für übertrieben oder gar überflüssig angesehen.
Nun hat Kathstede vor einigen Wochen überraschend angekündigt, dass er nicht mehr antreten wird. Damit ist der Sündenbock abhanden gekommen. Ob dies die Chancen für die CDU erhöht, ist dennoch fraglich, denn der neue Kandidat, Peter Vermeulen (56, Foto: Andreas Bischof), ist zwar Krefelder, verdient seinen Unterhalt aber als Dezernent in Mülheim und ist deshalb vor Ort so gut wie unbekannt.
Richtig spannend könnte es dann werden, wenn die FDP eine Spekulation in die Tat umsetzt und den ehemaligen Finanzexperten der Bundesregierung, Otto Fricke (Foto: dpa), ins Rennen schickt. Als bekanntes TV-Gesicht und Ur-Uerdinger könnte er die Mehrheiten durcheinander wirbeln und vermutlich beim konservativen Klientel punkten.
Als haushoher Favorit wäre Peter Jung (CDU) am 25. Mai dieses Jahres in die Wahl zum Wuppertaler Oberbürgermeister gegangen. Nicht einmal einen Gegenkandidaten hatte die SPD benannt. Doch Jung (Foto: Andreas Fischer) lehnte es ab, die OB-Wahl auf den Tag der Kommunalwahl vorzuziehen.
Mit Andreas Mucke (Foto: Andreas Fischer) hat die SPD inzwischen einen vorzeigbaren Gegenkandidaten gefunden. Für die CDU wächst die Gefahr, das letzte Oberbürgermeisteramt in einer großen NRW-Stadt zu verlieren. Die CDU unterlag bei der Kommunalwahl hauchdünn, und aus der Kooperation CDU/SPD wurde die Kooperation SPD/CDU. Die Entscheidung, sich nicht zur Wahl zu stellen, wurde Jung danach auch von Parteifreunden als Zaudern ausgelegt.
Seine Kritiker werfen ihm Alleingänge und folgenschwere Fehler zum Beispiel bei der Ausrichtung der Wuppertaler Oper und des Schauspiels vor. Wirtschaftlich sieht es für die hoch verschuldete Stadt nach einem Einbruch bei den Gewerbesteuereinnahmen noch schlechter aus als im Mai. Der 59-Jährige dürfte dennoch als Favorit ins Rennen gehen. Er gilt — vom Bürgertreff bis zum Empfang internationaler Gäste — als Sympathieträger der Stadt.
Andreas Mucke hat in der Wuppertaler SPD von den Jusos bis zum stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden viele politische Stationen durchlaufen. 17 Jahre gehörte er dem Wuppertaler Stadtrat an, bevor er Geschäftsführer der Quartiersentwicklungsgesellschaft wurde und sein Mandat niederlegte. Als Gegenkandidat von Peter Jung will der Hobby-Schauspieler auf Themen wie Familie, Soziales, Jugend, Kultur, Umwelt und Stadtentwicklung setzen.
Seit dem 14. Oktober ist Tim Kurzbach (Foto: Christian Beier) im Dauerwahlkampf — die Rede ist von 2013. Frühzeitig hat der Solinger SPD-Vorstand dem 36-jährigen Awo-Geschäftsführer das Vertrauen ausgesprochen, sechs Wochen darauf wurde er bei einem Parteitag einstimmig nominiert. Er steht für die Hoffnung der Sozialdemokraten, nach 1999 wieder den Rathauschef in der Klingenstadt zu stellen.
Denn der erste von den Bürgern gewählte hauptamtliche Oberbürgermeister in Solingen wurde ein CDU-Mann: Franz Haug. Er wiederholte 2004 seinen Triumph. Und auch 2009 behielt ein Christdemokrat die Oberhand. Norbert Feith setzte sich im ersten Wahlgang durch — obwohl er als Dezernent erst im Jahr zuvor nach Solingen gekommen war.
Der 56-Jährige mag nun aber nicht mehr. Ausgerechnet am Abend der Kommunalwahl im Mai kündigte er seinen Verzicht an. Die Belastungen des Jobs seien zu hoch. Einen Gegenkandidaten für Kurzbach hat die CDU bisher nicht gefunden.
Die Kölner CDU will ihren Kandidaten in der wichtigsten NRW-Stadt dieser Wahl bereits am 10. Januar vorstellen — Monate vor der SPD. Das Problem der CDU: Sie hat keinen. Mit dem früheren Hückeswagener Bürgermeister Uwe Ufer (parteilos) hat der letzte externe Kandidat abgesagt. Realistisch bleibt der CDU nur, sich mit den Grünen und der FDP für die parteilose Sozialdezernentin Henriette Reker (58) zu entscheiden. Der SPD-Kandidat als Nachfolger für OB Jürgen Roters dürfte wohl Parteichef Jochen Ott werden, der mehr aus Versehen schon fast beim SPD-Landesparteitag im September in Köln gekürt worden wäre.
Anders als die Kölner CDU setzt die Neusser auf die internste und denkbar konservativste Lösung: Auf Herbert Napp (68) soll Thomas Nickel (67, Foto: Georg Salzburg) folgen: Rentner, Präsident des Bürger-Schützen-Vereins, sehr katholisch engagiert (unter anderem „Orden vom Heiligen Grab zu Jerusalem“). Das sind traumhafte Voraussetzungen für Reiner Breuer (SPD): Er hat dem glücklos agierenden Neusser CDU-Chef Jörg Gerlings bereits das Landtagsmandat abgenommen, warum nicht gleich der CDU nach mehr als 60 Jahren auch das Rathaus? Der Parteivorstand ist für Breuer, die SPD-Basis soll am Aschermittwoch entscheiden.