Ebola: Die Briten üben den Ernstfall
In einer großen Simulation wird der Umgang mit Patienten durchgespielt. Doch bringt das etwas?
Newcastle. In einem Einkaufszentrum in Newcastle bricht ein Mann inmitten der Menge zusammen. Sofort wird er in ein Krankenhaus der Stadt und später auf die Isolierstation des Royal Free Hospital nach London gebracht, die einzige dieser Art in Großbritannien. Seine Blutproben fliegt ein Hubschrauber ins Speziallabor in Porton Down. Die Diagnose kommt schnell: Ebola.
Das Ganze ist nur eine Übung, der Patient ein von der Regierung engagierter Schauspieler. Großbritannien hat am Samstag in einer achtstündigen Simulation durchgespielt, ob das Land mit der tödlichen Krankheit im Falle eines Falles umgehen könnte.
Die Antwort von Gesundheitsminister Jeremy Hunt, der während der Übung eine gespielte Sitzung des Krisenkabinetts leitete, ist wenig überraschend: „Großbritannien hat robuste Pläne parat. Ich bin jetzt doppelt sicher, dass die Regierung und die Einsatzkräfte gewappnet sind, sollte die Krankheit Großbritannien erreichen“. Die Regierung hat mit der von Premierminister David Cameron persönlich angeordneten Übung nach außen hin Handlungsbereitschaft bewiesen.
Gesundheitsexperten finden das Gebaren der Verantwortlichen in der Downing Street dagegen etwas befremdlich. Wenige Tage vor der öffentlichkeitswirksamen Großübung hatte London beschlossen, erweiterte Ebola-Kontrollen an den Londoner Flughäfen Heathrow und Gatwick sowie am Eurostar-Terminal im Londoner Zentrum zu etablieren — obwohl es keine Direktflüge aus den betroffenen Ländern Sierra Leone, Guinea und Liberia gibt.
In einer E-Mail an alle Krankenhäuser, die der BBC vorliegt, reagierte ein hochrangiger Gesundheitsfunktionär erbost. Es sei „unwahrscheinlich“, dass die von der Regierung beschlossene Maßnahme irgendetwas zur Volksgesundheit beitrage. Das Ganze sei eher als „politische Geste“ zu verstehen.
Selbst die oberste Amtsärztin Sally Davis, deren Rat die Regierung als Grund für ihre Maßnahmen angibt, räumt ein: „Es ist unwahrscheinlich, dass bei den Kontrollen Ebola-Fälle gefunden werden.“ Der Nutzen sei eher, dass das Bewusstsein für die Symptome von Ebola geschult werde und dass alle Beteiligten im Ernstfall schnell in der richtigen Weise reagierten. Großbritannien müsse in den nächsten Wochen wohl mit einer „Handvoll“ Ebola-Fälle rechnen.
Die Regierung von Premierminister David Cameron, innenpolitisch stark unter Druck, will sich in der Ebola-Krise keine Blöße geben. Wohl auch deshalb macht Großbritannien auch außerhalb seiner Grenzen Ebola-Schlagzeilen: Noch in dieser Woche soll mit der „RFA Argus“ ein Krankenhausschiff Richtung Sierra Leone auslaufen, das 100 Patienten aufnehmen kann.
Die Universität Oxford und der britische Pharmakonzern GlaxoSmithKline arbeiten fieberhaft an einem Impfstoff gegen Ebola. Erste Feldversuche laufen derzeit mit Gesundheitshelfern in Mali, die Pharmafirma will bald 10 000 Dosen bereitstellen. Der UN-Sonderbeauftragte für die Ebola-Krankheit, David Nabarro, zeigt sich zuversichtlich, dass die Epidemie in den nächsten drei Monaten in den Griff zu bekommen ist. „Die Menschen sind sich der Gefahr jetzt mehr bewusst und wissen, dass Infizierte isoliert werden müssen.“