Ein Dekolleté sorgt für Furore
Abendgarderobe: Angela Merkels Besuch der Osloer Oper zeigt: Manchmal ist das Kleid einer Kanzlerin von mehr Interesse als ihre Politik.
Berlin. Die Kanzlerin zeigt Dekolleté. Und erntet reichlich Schlagzeilen. "Wie eine Königin", "Merkels neue Mode" und "Darf sich Deutschland damit brüsten?", titelten die Zeitungen. Angela Merkel hat bei der Eröffnung der neuen Oper in Oslo ein ungewohnt tief ausgeschnittenes Kleid getragen. Selbst in der Bundespressekonferenz war das am Montag das Thema. "Die Bundeskanzlerin ist ein bisschen erstaunt", berichtete Vize-Regierungssprecher Thomas Steg. Er fand sich in der ungewohnten Rolle wieder, Fragen zu Merkels Abendkleid zu beantworten - und nicht nur zur Bahnreform oder zur Haiti-Krise. Das Echo zeigt: Das Äußere von Politikern wird sehr bewusst wahrgenommen, der Busen von Deutschlands erster Regierungschefin ist da keine Ausnahme. Schon die "Clutch", die scheinbar an der Hand schwebende kleine Tasche, die Merkel in Bayreuth trug, haben Mode-Experten aufmerksam registriert. Dem "Brioni-Kanzler" Gerhard Schröder ging es da nicht anders. Familienministerin Ursula von der Leyen versetzte nach einem Friseurbesuch Berlins Fotografen in Hektik. Der neue Look war wichtiger als die politische Agenda.
Angela Merkel hat einen großen modischen Wandel hinter sich
Die Optik zählt, im Ausland ist das nicht anders. Tony Blair fiel am Strand mit einer zu engen Badehose auf. Bei einem im Kanu paddelnden Nicolas Sarkozy sah sich ein Magazin veranlasst, die Speckrollen wegzuretuschieren, was fast eine Staatsaffäre auslöste. Silvio Berlusconi hat sowohl ein Lifting als auch eine Haarverpflanzung hinter sich, wie ganz Italien weiß. Und Hillary Clinton hat ihr Leben lang nach der richtigen Frisur gesucht, schreibt sie in ihrer Biografie. Merkel (53) hat seit ihren Zeiten als "Kohls Mädchen" einen großen modischen Wandel hinter sich. Früher lästerten Kabarettisten noch über die Frisur und hängende Mundwinkel. Seit sie Kanzlerin ist, gilt ihr Auftritt als wesentlich stilsicherer. Der "Prinzessin Eisenherz"-Haarschnitt ist einer durchgestuften Udo-Walz-Frisur gewichen, das Make-up ist professionell. Im politischen Tagesgeschäft trägt Merkel Hosenanzüge, wie sie die Hamburger Designerin Bettina Schoenbach anfertigt. Kaum etwas lenkt ab von dem, was sie zu sagen hat.Merkel zeigte Haut, während die Prinzessinnen bedeckter erschienen
In Oslo war das anders. "Dass dieses Abendkleid, eine Neukomposition aus dem Bestand der Bundeskanzlerin, für eine solche Furore gesorgt hat (...), lag nicht in ihrer Absicht", meinte Sprecher Steg trocken. Wenn die Welt nichts Wichtigeres habe, als über Abendkleider zu reden, dann könne man wahrscheinlich auch nicht helfen. Er hoffe, dass das norwegische Königshaus ein Nachsehen habe, weil die Abendgarderobe der königlichen Familie nicht so im Mittelpunkt gestanden habe, sagte Steg mit einem Augenzwinkern.Auf den Fotos fällt auf: Die Kanzlerin zeigte Haut, die beiden skandinavischen Prinzessinnen Victoria und Mette-Marit erschienen bedeckter. Ein Fauxpas? Nein, meint "Bunte"-Chefredakteurin Patricia Riekel. "Ich finde, dass Frau Merkel sehr elegant und weiblich aussieht." Der Auftritt sei deswegen so überraschend, weil sie sonst nur als Regierungschefin wahrgenommen werde - und diesmal als Frau.