Eine Frau auf dem großen Sprung

Ulrike Gräßler, erste Vizeweltmeisterin im Skisprung, trainiert so intensiv wie Martin Schmitt.

Liberec/ Klingenthal. Als Skispringerin Ulrike Gräßler am Freitagmittag WM-Silber gewonnen hatte, hüpfte sie glücklich durch den Flockenwirbel von Liberec. "Auf diesen Tag habe ich Jahre gewartet, jetzt wird gefeiert", sagte die 21-Jährige aus dem sächsischen Klingenthal, die mit 239 Punkten nur vier Punkte Rückstand auf die US-Amerikanerin Lyndsey Van hatte. Schließlich wurden historische Medaillen vergeben, denn es es war die erste Skisprung-WM für Frauen.

Damit war schon vor dem ersten Sprung viel gewonnen - auch wenn nur 36 Teilnehmerinnen starteten und einige erst 13 Jahre alt waren. Zwar ist schon 1911 Gräfin Paula Lamberg die Schanze in Kitzbühel heruntergesprungen - mit einer offiziellen Weite von 22 Metern und im langen Kleid.

Doch in Wettkämpfen beanspruchten die Herren der Schöpfung die Sportart für sich allein. Ihre Argumente ließen sich eigentlich nur durch einen zu langen Aufenthalt in großer Höhe erklären.

Helmut Weinbuch fabulierte als Sportdirektor des Deutschen Ski-Verbandes, dass die weibliche Wirbelsäule den Belastungen der Landung nicht standhalten würde. Legendär ist der Ausspruch von Gian-Franco Kasper, Präsident des Internationalen Ski-Verbandes Fis: "Bei der Landung platzt die Gebärmutter."

Das alles hielt die ach so zarten Frauen aber nicht vom Skispringen ab. Und bei ihnen geht es keineswegs um Hüpferchen: Die Österreicherin Daniela Iraschko landete bei 200 Metern. Bei den Männer hält der Norweger Björn Einar Romoeren mit 239 Metern den Rekord.

Der Fis gesteht den Frauen seit 2004 immerhin den Continental-Cup als Wettbewerb zu, nun gibt es in Tschechien die erste WM. Einen Start bei den Olympischen Spielen in Vancouver 2010 wollen die Springerinnen vor einem Gericht in Kanada erstreiten.

Ulrike Gräßler ist mit sechs Jahren zum ersten Mal von einer Skischanze gesprungen, da eiferte sie noch ihrem größeren Bruder nach. Mit 13 Jahren ging sie aufs Ski-Internat in Klingenthal, heute ist sie eine der wenigen Profi-Springerinnen. Als Bundespolizistin kann sie so professionell trainieren wie Martin Schmitt. Im Krafttraining im Sommer hat sie vier Kilo zugenommen, im Winter wiegt sie 59 Kilo bei einer Größe von 1,75 Metern.

Einen bedeutsamen Unterschied zu den Männern gibt es nicht. "Wir brauchen aufgrund der unterschiedlichen körperlichen Voraussetzungen lediglich mehr Anlauf", sagt Gräßler. Von der WM der Männer an diesem Wochenende wird sie keine Eindrücke mitnehmen können. Die Damenmannschaft reist am Samstag nach Hause.