Karneval: Die Materialschlacht

Die klassische Kamelle hat ausgedient: Die Vereine verteilen lieber Schokoriegel, Popcorn, T-Shirts – oder Gemüse.

Düsseldorf/Langenfeld. Wenn am Wochenende und am Rosenmontag die Karnevalswagen durch die Innenstädte ziehen, ist von den Jecken am Straßenrand vor allem eines zu hören: "Kamelle, Kamelle!"

Mit aufgespannten, falsch herum gehaltenen Regenschirmen und großen Tüten warten sie auf süße Geschenke, die zu ihnen geworfen werden - aber nur noch in den wenigsten Fällen tatsächlich auf die klassische Kamelle.

"Danach bückt sich kaum noch jemand", sagt Robby Stürtzer, Vizepräsident des Comitees Düsseldorfer Carneval. Die Kaubonbons - manche sagen auch "Plombenzieher" - haben weitgehend ausgedient. "Die Leute sind halt mittlerweile ein bisschen verwöhnt", sagt Stürtzer. Stattdessen setzen die Düsseldorfer eher auf Gummibärchen, Popcorn oder Schokoriegel.

"Die Lutschkamelle bleibt meist nur am Straßenrand liegen", sagt auch Andreas Buchheim, Leiter des Lichterzugs in Langenfeld, bei dem die Narren Karnevalssonntag in der Dunkelheit durch die Straßen ziehen. Bei diesem Zug ist nicht nur die Tageszeit ungewöhnlich, sondern auch das Wurfmaterial: "Vergangenes Jahr haben wir zum Beispiel T-Shirts geworfen", sagt er.

Diesmal hat er Gesellschaftsspiele im Mini-Format, zum Beispiel "Vier gewinnt", und sogar einige Kickboard-Roller im närrischen Gepäck. "Selbstverständlich werden die Roller nicht geschmissen, sondern an die Kinder am Straßenrand verteilt", betont Zugleiter Buchheim.

Ebenfalls ungewöhnlich wird im Langenfelder Stadtteil Berghausen gefeiert. Dort ist es Tradition, Gemüse zu werfen: Grünkohl, Möhren oder Kartoffeln statt "Kamelle, Kamelle!".

Auch in Krefeld-Hüls ist es seit langen Jahren Brauch, den Gästen am Weg des Karnevalsumzuges frische Porree-Stangen zuzuwerfen - "Breetlook", wie das Gemüse auf Platt genannt wird. Die grün-weißlichen Stangen dienen im übrigen auch den jecken Frauen vor allem am Altweiberdonnerstag als "Waffe".

"Hochwertiges Material wird dann auch nicht einfach zurückgeworfen", sagt Stürtzer. Das sei bei den klassischen Klümkes des öfteren passiert - deshalb schützen viele Blechblas-Musiker beim Umzug ihre Instrumente mit Netzen, damit die Bonbons nicht in der Tuba landen.

Ein paar Kamelle sind aber trotzdem noch im Wurfmaterial - weil es Tradition ist und als Füllmaterial. In mehreren Containern hat Stürzter in diesen Tagen die Zutaten für die närrische Materialschlacht transportiert. Als "Karnevals-Beauftragter" der Metro kennt er auch die Einkaufslisten der anderen Vereine: "Überall sind Schokoriegel, Gummibärchen und Mausespeck besonders beliebt."

Wirtschaftskrise hin oder her: Die Vereine wollen immer mehr Wurfmaterial auf das närrische Volk niederregnen lassen. Segelten im vergangenen Jahr allein in Düsseldorf noch etwa 60 Tonnen Süßigkeiten & Co. von den Wagen, sollen es diesmal sogar mehr als 75 Tonnen sein. Der Karneval trotzt der Krise - "Ich hab’ das Gefühl: Je schlechter es uns geht, desto mehr wollen wir uns im Karneval eine Freude machen", sagt Robby Stürtzer.