Eine Softdrink-Steuer für Mexiko?
Zwangsabgabe soll gegen wachsende Fettleibigkeit helfen.
Mexiko-Stadt. Wenn Mario Eduardo Nájera frühmorgens sein kleines Foto-Studio im Ausgehviertel von Mexiko-Stadt aufschließt, kocht er sich keinen Kaffee. Er öffnet seine erste Flasche Cola. „Ich kaufe immer die ganz Großen“, sagt der 48-Jährige. „Es ist schon eine schlechte Angewohnheit. Aber Wasser schmeckt nicht. Und die Softdrinks sind gut gegen den Stress.“
Der übergewichtige Fotograf denkt gar nicht daran, seine Gewohnheiten zu ändern, auch wenn ihn die Schwäche für Cola und Limo teuer zu stehen kommen könnte. Im mexikanischen Kongress wird zurzeit über eine Steuer auf zuckerhaltige Getränke diskutiert. Mit der Strafabgabe wollen die Abgeordneten etwas gegen die grassierende Fettsucht im Land unternehmen.
Die Gesetzesinitiative sieht eine Steuer von einem Peso (sechs Cent) pro Liter vor, ungefähr zehn Prozent des Preises. Die Regierung von Präsident Enrique Peña Nieto rechnet damit, dass die Abgabe 2014 etwa 700 Millionen Euro in die Staatskasse spülen könnte.
In Mexiko ist derweil eine heftige Debatte um die Besteuerung entbrannt. Die Getränke-hersteller argumentieren, Übergewicht werde nicht allein von ihren Produkten verursacht. Gesundheitsorganisationen dagegen weisen auf den Zusammenhang zwischen zuckerhaltigen Getränken, Übergewicht und Diabetes hin. Mit einem jährlichen Pro-Kopf-Verbrauch von 140 Litern liegen die Mexikaner beim Konsum von Softdrinks direkt hinter den USA, wie aus jüngsten Erhebungen der US-Universität Yale hervorgeht.
Schlechte Ernährung und mangelnde Bewegung haben außerdem dazu geführt, dass es mittlerweile in Mexiko prozentual mehr Übergewichtige gibt als in den USA. 70 Prozent der Erwachsenen sowie 30 Prozent der Kinder und Jugendlichen gelten als zu schwer.
Ein Problem: In Mexiko-Stadt trinkt kaum jemand Leitungswasser. Trinkwasser wird abgefüllt verkauft und viele Menschen bevorzugen gezuckerte Getränke. Der Verband für gesunde Ernährung fordert deshalb, die zusätzlichen Steuergelder in Trinkbrunnen in Schulen und öffentlichen Einrichtungen zu investieren. „Wenn man einem Kind schon in jungen Jahren süße Getränke gibt, ist es sehr schwer es später dazu zu bringen, Wasser zu trinken“, sagt der Direktor des Verbraucherschutzvereins El Poder del Consumidor, Alejandro Calvillo. Der Zugang zu Trinkwasser in Mexiko sei eine Katastrophe.
Fotograf Nájera glaubt nicht, dass eine Preissteigerung einen Effekt auf das Konsumverhalten der Mexikaner haben wird: „Das wird nichts bewirken. Softdrinks sind wie Handys. Die Leute haben vielleicht nicht genug Geld, um zu essen. Aber für Erfrischungsgetränke und Handys werden sie immer Geld haben.“