Erdbeben erschüttern Italien
Rom (dpa) - Rund zehn Sekunden lang bebt die Erde, Gegenstände fallen aus den Regalen, Lampen zittern: Zwei Erdbeben haben am späten Samstagabend und in der Nacht zum Sonntag bei vielen Menschen in Mittelitalien schlimme Erinnerungen geweckt.
Hunderte Menschen rannten auf die Straße und übernachteten aus Angst vor weiteren Beben in ihren Autos oder in Notunterkünften. Größere Schäden oder Verletzte wurden aber zunächst nicht bekannt, wie die Nachrichtenagentur Ansa am Sonntag berichtete.
Nach dem ersten Beben starb eine 63 Jahre alte herzkranke Frau in Isola del Liri. In Sora nahe dem Zentrum des ersten Bebens wurden am Sonntag alle Kirchen geschlossen, um sie auf mögliche Schäden zu überprüfen. An einigen Häusern in der erdbebengeplagten Region wurden kleinere Schäden und Risse festgestellt. Auch die Schulen sollten am Montag geschlossen bleiben.
Gegen 22.16 Uhr am Samstag erschütterte nach Angaben des nationalen Bebeninstituts INGV ein Erdstoß der Stärke 4,8 die Provinz Frosinone etwa 100 Kilometer östlich von Rom. Das Beben war auch in der Hauptstadt noch zu spüren, wo zahlreiche besorgte Anrufe bei der Feuerwehr eingingen. Etwa vier Stunden später bebte die Erde in der Gegend um L'Aquila in den Abruzzen mit einer Stärke von 3,7.
In dieser Region, wo bei einem starken Erdbeben vor fast vier Jahren mehr als 300 Menschen ums Leben gekommen waren, versetzte das Beben in der Nacht die Menschen in Panik. Viele wurden von dem Erdstoß geweckt und liefen ins Freie.
Immer wieder erschüttern folgenschwere Erdbeben Italien. Zuletzt kamen bei zwei Beben der Stärke 6 und 5,9 im Mai vergangenen Jahres in der norditalienischen Emilia-Romagna mehr als 20 Menschen ums Leben.
Einige Stunden vor dem Erdstoß hatte ein Gericht vier Angeklagte in einem Prozess um das Beben von L'Aquila wegen fahrlässiger Tötung zu jeweils mehrjährigen Haftstrafen verurteilt. Die Techniker sind nach Überzeugung des Gerichts für den Tod von acht Studenten verantwortlich; ihre Fehler bei Restaurierungsarbeiten mehrere Jahre zuvor hätten zum Einsturz eines Wohnheims bei dem Erdbeben vom 6. April 2009 geführt.
Drei Angeklagte wurden in erster Instanz zu Haftstrafen von jeweils vier Jahren verurteilt, einer muss zweieinhalb Jahre hinter Gitter, wie Ansa berichtete. Die Anwälte der Verurteilten hatten schon zuvor für den Fall eines Schuldspruchs angekündigt, gegen die Urteile vorgehen zu wollen. Vier weitere Angeklagte wurden aus Mangel an Beweisen freigesprochen - zwei weitere weil das Gericht dem Bericht zufolge nicht zuständig war.
Im vergangenen Jahr waren sieben Erdbeben-Experten in L'Aquila wegen ungenügender Warnung vor Erdstößen ebenfalls zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt worden. Diese Urteilssprüche hatten in der Fachwelt Empörung und Unverständnis ausgelöst.