Kleidung für Geistliche: Bloß kein Pomp und keine Muster

Ferdinand Mattis aus Löhne schneidert Kleidung für Mönche und Nonnen. Kreativität und Design sind nicht gefragt.

Löhne. Ferdinand Mattis ist der Schneider der Wahl für Nonnen und Mönche. Der 55 Jahre alte Textil-Ingenieur aus Löhne bei Herford in Ostwestfalen führt das 1880 gegründete Familienunternehmen „Mattis“ mittlerweile in vierter Generation und beliefert Ordensleute in der gesamten Welt. 150 000 Kutten hat er in seinem Leben schon hergestellt, sagt er.

Zu seinen Kunden zählen die Franziskaner, aber auch Missionsschwestern, Nonnen und Mönche in Südafrika, Südamerika, Tansania und auf den Philippinen. Weltweit beliefert er 100 Klöster.

Die Kollektion ist schlicht — kein Pomp, keine Muster, kein Schmuck. „Ich muss mich an strenge Vorschriften halten. Mit Kreativität komme ich nicht weiter“, sagt Mattis. Jeder Orden gibt eine strenge Kleiderordnung vor.

Der enge Kontakt zu den Ordensleuten habe ihn zu einem besseren Menschen gemacht, meint Mattis: „Ich habe viele Dinge von Ordensschwestern angenommen: Mitmenschlichkeit, Herzlichkeit, Demut.“

Die exklusive Schneiderei aus Löhne boomte besonders zur Zeit des Zweiten Vatikanischen Konzils in den 60er Jahren: Tausende Ordensleute mussten neu eingekleidet werden, weil die Kleiderordnung gelockert wurde. Es gab Aufträge, bis zu 3000 Nonnen neu einzukleiden. Und diese Zahl müsse dann mal acht gerechnet werden, sagte Mattis. Denn jede Ordensschwester besitze im Schnitt drei Werkskleider, drei Arbeitskleider und zwei Sonntagskleider.

Heute legen jedoch immer weniger Menschen in Deutschland ein Gelübde ab. Es gibt hierzulande nur noch 20 000 Nonnen sowie 4500 Mönche, heißt es bei der Deutschen Ordensobernkonferenz in Bonn. Unter dem fehlenden Nachwuchs in den Klöstern leidet auch das Unternehmen von Mattis.

Paradox ist, dass Mönche und Nonnen gleichzeitig im Fernsehen Hochkonjunktur haben. Serien mit Klosterleuten als Helden des Alltags erzielen Traumquoten, allen voran die ARD-Erfolgsserie „Um Himmels Willen“. Für solche Produktionen stellt Mattis nichts her — erhält aber hin und wieder Anfragen großer Opernproduktionen.

Auf die reale Welt hingegen hat der Medienboom keine Auswirkungen. Das Interesse an Spiritualität ist groß, doch zum radikalen Schritt, zum Eintritt in ein Kloster, führt das selten. Darum hat sich Mattis ein zweites Standbein geschaffen. Er produziert Unterwäsche für Polizisten, Feuerwehrleute, Raumfahrer und Wanderer. Die Wäsche besteht aus einem Hightech-Material, das die US-Raumfahrtbehörde Nasa entwickelte.

Das Geschäft mit dem neuen Gewebe läuft. „Nur so kann ich garantieren, dass ich die Ordensfrauen auch künftig versorgen kann“, sagt Mattis. Der positive Nebeneffekt: Auch Geistliche hätten schon Unterwäsche aus dieser neuen Faser bei ihm bestellt.

Bei einem Auftrag aus Russland musste Mattis dagegen passen: Ein Orden bat ihn, Unterwäsche aus Rosshaar herzustellen. Rosshaar kratzt unangenehm auf der Haut.

„Für die Frauen sollte es eine Bußeinheit sein, eine Art Selbstgeißelung“, erklärt der Textil-Ingenieur aus Ostwestfalen. Am Ende konnte er nicht genug Rosshaar auftreiben — und die russischen Nonnen mussten auf anderem Wege büßen.