Erstmals seit 15 Jahren Kinderlähmung in Russland
Moskau/Duschanbe. Erstmals seit etwa 15 Jahren sind inRussland wieder Fälle von Kinderlähmung aufgetreten. Zwei kleineMädchen werden nach Angaben der Behörden in russischen Klinikenbehandelt.
Beide waren mit ihren Eltern aus der zentralasiatischenRepublik Tadschikistan eingereist.
In Tadschikistan sind nach Angabenvon Russlands oberstem Amtsarzt Gennadi Onischtschenko bereitsmindestens 13 Menschen an dem hochansteckenden Poliovirus gestorben,die Weltgesundheitsorganisation WHO sprach am Freitag von zwei Toten."Dies ist ein schwerer Ausbruch", sagte eine WHO-Sprecherin in dertadschikischen Hauptstadt Duschanbe der russischen Agentur Interfax.
Demnach hat die WHO in Tadschikistan derzeit 84 Poliofälle bestätigt. Etwa 275 weitere Menschen liegen mit Verdacht auf das Virus in Krankenhäusern. Bis zum 5. Juni will die WHO etwa 1,1 Millionen tadschikische Kinder bis sechs Jahren impfen. "Wir sind zuversichtlich, dass wir dann deutlich weniger Poliofälle haben werden", sagte die Sprecherin.
Onischtschenko machte die WHO für die Ausbreitung der Krankheit in Zentralasien verantwortlich. Einzelheiten nannte er jedoch nicht. "Was in Tadschikistan passiert, ist eine schwere Schlappe für die WHO", sagte er.Den Zustand der beiden neun Monate alten Patientinnen in Russland - ein Mädchen im sibirischen Irkutsk sowie eines in Moskau - nannte Onischtschenko "zufriedenstellend".
Die Mädchen seien nach Russland gelangt, bevor ein Einreiseverbot für tadschikische Kinder unter sechs Jahren verhängt wurde. Die Vorsorgemaßnahmen in Tadschikistan seien "nicht ausreichend", sagte Onischtschenko.
Russland hat auch die Einfuhr von Dörrobst und Nüssen ausTadschikistan gestoppt, ein wichtiges Exportgut deszentralasiatischen Landes. Da die Produkte vor dem Verzehr nichtgekocht werden, könnten Polioviren darin überleben, hieß es zurBegründung. Das Virus ist vermutlich aus Indien nach Tadschikistaneingeschleppt worden.